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Vor der Bekanntgabe von Mubaraks Rücktritt dauerten die Proteste gegen den Präsident auch am Freitag noch unvermindert an.

© dpa

Ägypten: Regierungspartei: Mubarak in Scharm el-Scheich

Die ägyptische Armee versucht die Lage in Kairo an einem erneuten "Tag des Zorns" zu beruhigen. Präsident Mubarak spürt unterdessen offenbar den Druck der Massen.

Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak hat am Freitag Kairo verlassen und sich nach Angaben der Regierungspartei in den Badeort Scharm el-Scheich am Roten Meer begeben. Zuvor war aus Regierungskreisen bekannt geworden, dass Mubarak zusammen mit seiner Familie die ägyptische Hauptstadt verlassen hat.

Zuvor hatte die ägyptische Armeeführung Garantien für einen politischen Reformprozess im Land abgegeben. Das machte das Oberkommando in einer Erklärung deutlich, die am 18. Tag der Proteste gegen das Regime von Präsident Husni Mubarak im Staatsfernsehen verlesen wurde.

Die Armeeführung kündigte an, sie werde den Weg zu freien und fairen Wahlen und zu einer demokratischen Gesellschaft sichern. Der seit Jahrzehnten geltende Ausnahmezustand werde aufgehoben, sobald es die Situation erlaube. Kein friedlicher Demonstrant müsse Strafverfolgung fürchten.

Vor neuen Massenprotesten gegen Mubarak war die Armeeführung zu einer Krisensitzung zusammengekommen. Gegner des Regimes von Mubarak, der bisher einen vollständigen Rückzug von der Macht ablehnt, wollen am Nachmittag Millionen Menschen zu Protesten versammeln.

Mit Wut und heller Empörung hatten die rund eine Million Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo in der Nacht zu Freitag auf die 15-minütige Fernsehansprache von Präsident Hosni Mubarak reagiert, in der er erneut kein Wort über seinen möglichen Rücktritt verlor. "Nieder mit Mubarak", skandierte die aufgebrachte Menge am Donnerstagabend und rief die Soldaten auf, sich ihrem Volksaufstand anzuschließen. Für Freitag riefen die Organisatoren die gesamte Bevölkerung Ägyptens zu einem erneuten "Tag des Zorns" auf und kündigten an, man werde diesmal das Gebäude des staatlichen Fernsehens besetzten und auch zum Präsidentenpalast ziehen.

Anders als am Nachmittag der neue Generalsekretär der Regierungspartei NDP, Hossam Badrawi, gegenüber dem britischen Sender BBC angedeutet hatte, verlor Mubarak in seiner mit Spannung erwarteten Ansprache kein Wort über eine mögliche Abdankung. Stattdessen erklärte er, er werde die ins Auge gefassten Änderungen der Verfassung persönlich überwachen. Eine Aufhebung des Ausnahmezustandes stellte er möglicherweise für September in Aussicht. Einen Teil seiner Vollmachten übertrug er auf seinen Vizepräsidenten Omar Suleiman, ohne dass klar wurde, wie genau dessen Kompetenzen in Zukunft aussehen. Suleiman kündigte eine friedliche Übernahme der Macht an und rief die Demonstranten zum Ende des Protests auf.

Mubarak selbst gab sich erneut entschlossen, bis zu den Neuwahlen im September im Amt zu bleiben und verbat sich jegliche Einmischung von außen in die Angelegenheiten Ägyptens. Er versicherte wieder, nicht für eine weitere Amtszeit kandidieren zu wollen. Der politische Dialog mit der Opposition sei auf gutem Weg.

Zuvor hatte die Armeeführung in einem "Kommunique Nummer eins" erklärt, ihr Oberkommando befinde sich in einer "Sitzung ohne Ende". Man habe "Schritte eingeleitet, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten". Ein Vertreter der Armeeführung hatte zu den Demonstranten auf dem Tahrir-Platz gesagt, dass "alle Forderungen erfüllt" würden und damit die Hoffnung der Menge auf einen Rücktritt Mubaraks genährt.

Hunderttausende Demonstranten im Zentrum von Kairo wütend auf die Rede Mubarak. Die aufgebrachte Menschenmenge auf dem Tahrir-Platz zeigte Mubarak symbolisch Schuhsohlen, wie Augenzeugen berichteten. Die Protestierer schrien zudem "Mubarak weg, Suleiman weg".

NDP-Generalsekretär Badrawi war einer der ersten, der sich offen über das politische Ende Mubaraks offen äußerte. "Sie haben gewonnen", sagte Badrawi am Nachmittag nach Angaben des Senders CNN zu den Demonstranten auf dem Tahrir-Platz. Mubarak werde den Forderungen der Jugend nachkommen und Maßnahmen im besten Interesse des Landes ergreifen. Auch hohe Offiziere reihten sich ein. Als einer von ihnen auf dem Tahrir- Platz sagte, dass "alle Forderungen erfüllt" würden, brachen Zehntausende in Jubel aus. Kurz zuvor hatten die Mubarak-Gegner zu einem neuen "Marsch der Millionen" für Freitag aufgerufen.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat sich enttäuscht über die Rede von Mubarak geäußert. "Diese Rede hat keine neuen Perspektiven aufgezeigt. Sie war nicht der erhoffte Schritt nach vorn", sagte Westerwelle am Donnerstag in New York. Im ZDF-„Morgenmagazin“ zeigte sich der Minister am Freitag überzeugt, dass die Rede des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak „zu keiner Befriedung“ der Situation führen werde. Westerwelle forderte das ägyptische Regime auf, bei den erwarteten neuerlichen Demonstrationen keine Gewalt anzuwenden. Dies bedeute, dass Demonstranten „nicht niedergeknüppelt werden, dass sie keine Gewalt fürchten müssen und dass die Sicherheitsbehörden diese Demonstration auch schützen“. (mit dpa, AFP)

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