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Unruhige Lage. Immer wieder gibt es in Ägypten Anschläge - wie hier Anfang März in der Nähe des Obersten Gerichts in Kairo.

© dpa

Ägypten wirbt um Investoren: Mit Mammutprojekten der Krise trotzen

Auf einer großen Investorenkonferenz in Sharm al Sheikh will Ägypten Investoren ins Land locken. 35 Großprojekte sollen auf die Beine gestellt werden. Damit will der Nil-Staat Normalität demonstrieren – doch die Realität sieht anders aus.

Ägypten trommelt in eigener Sache. Selbst in den Flugzeugen von Egypt Air werden die Passagiere dieser Tage vor dem üblichen islamischen Reisegebet mit Jubelwerbung für das Großereignis in Sharm al Sheikh beschallt. Ägypten ist wieder stabil und sicher. Ägypten meldet sich zurück auf der internationalen Wirtschaftsbühne. Die Zeiten der politischen Turbulenzen sind vorbei. Es lohnt sich, am Nil zu investieren, tönt es aus allen Lautsprechern. „Wir wollen Ägyptens Potenzial wieder zur Geltung bringen“, deklamierte Präsident Abdel Fattah al Sisi und forderte alle einheimischen und ausländischen Investoren auf, sich aktiv daran zu beteiligen.

Doch das Echo ist gemischt. Ein Dutzend Minister, hunderte Wirtschaftsführer sowie IWF-Chefin Christine Lagarde haben sich für die dreitägige Investorenkonferenz in dem Badeort am Roten Meer angesagt, die am Freitag beginnt. Aus den USA kommt Außenminister John Kerry, Deutschland wird durch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vertreten, einige europäische Staaten entsenden ihre Finanzminister. Und so sind vor allem die Golfstaaten Saudi-Arabien, Kuwait und Vereinigte Arabische Emirate präsent. Riad schickt Kronprinz Muqrin, aus Kuwait kommt Emir Sabah al Ahmad al Sabah. Ihre Nationen sind die Hauptgeldgeber des militärgestützten Sisi-Regimes und finanzieren schon jetzt zwei Drittel aller arabischen Investitionen am Nil.

35 Entwicklungsvorhaben will Ägypten seinen milliardenschweren Gästen präsentieren, die meisten staatlich organisierte Mammutprojekte. Eine Million Wohnungen soll hochgezogen werden, den Bau neuer Stromkraftwerke will man erstmals auch Privatinvestoren anbieten. Große Wüstenflächen wie in Toschka nahe dem Nasser-Stausee sollen urbar gemacht werden, um den Bevölkerungsdruck im Niltal zu verringern. Eine zweite Fahrrinne des Suezkanals soll in Rekordzeit bis August 2015 fertiggestellt werden. Geplant ist ein Hochgeschwindigkeitszug zwischen Kairo und Alexandria. Und Ägypten will für 60 Milliarden Dollar einen neuen Regierungssitz nahe Kairo aus dem Boden stampfen.

Doch alle Hochglanzbroschüren und Werbespots können nicht übertünchen, wie hoch sich inzwischen die Schwierigkeiten im Land türmen, auch wenn nach vier Jahren Flaute das Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr auf 3,8 Prozent klettern könnte. Täglich gehen Bomben hoch und sterben Menschen, so häufig, dass dies in den internationalen Medien kaum noch erwähnt wird. Im Visier stehen Polizisten und Soldaten, inzwischen aber auch westliche Fast-Food-Ketten, Läden von Mobilfunkanbietern oder große Einkaufszentren. Und genauso wenig wie bei der inneren Sicherheit geht es bei der sozialen Entwicklung voran. Offiziell liegt die Arbeitslosigkeit bei gut 13 Prozent, bei jungen Leuten sogar bei 40 Prozent, und damit auf demselben Niveau wie zu Zeiten des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi. Die Inflation beträgt zehn Prozent, was besonders die Armen trifft, die gut die Hälfte der Bevölkerung ausmachen.

Für die wenigen ägyptischen Kritiker, die sich noch zu reden trauen, führt daher die Gipfelstrategie der Regierung ins Leere. Megaprojekte allein könnten das Land nicht aus der Krise führen, geschweige denn Armut, Arbeitslosigkeit und Unterentwicklung bekämpfen, argumentiert das „Egyptian Center for Economic and Social Rights“. Denn man locke lediglich Investitionen an, die sich schnell amortisieren und wenig dauerhafte Arbeitsplätze schaffen.

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