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Ärzte-Korruption: Lob für Bahrs Gesetz

Union und Krankenkassen unterstützen Pläne des Gesundheitsministers. Nur die SPD spricht von einer "Mogelpackung".

Die Union hat angekündigt, das Gesetzesvorhaben von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) gegen Ärztekorruption zu unterstützen. „Wir wollen und werden mit dem Minister schärfere Strafregelungen noch vor der Wahl angehen“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), dem Tagesspiegel. Auch die Krankenkassen begrüßten die Regierungspläne. Die SPD dagegen sprach von einer „Mogelpackung“. Die beabsichtigte Strafvorschrift im Sozialrecht werde „kaum zur Anwendung kommen und niemanden wirklich abschrecken“, prophezeite ihr Fraktionsexperte Karl Lauterbach.

Wie berichtet will Bahr auch die Vorteilsannahme durch niedergelassene Kassenärzte unter Strafe stellen. Bisher haben Praxismediziner, die sich etwa von der Industrie das Verschreiben bestimmter Arznei honorieren lassen, wenig zu fürchten. Die Korruptionsparagrafen des Strafgesetzbuchs gelten, wie der Bundesgerichtshof 2012 bestätigt hat, nur für angestellte Ärzte in Kliniken oder Behörden.

Künftig soll das Korruptionsverbot in allen Bereichen der gesetzlichen Krankenversicherung und für alle Berufsgruppen gelten, „die an der Versorgung der Versicherten beteiligt sind“. Allerdings plant Bahr keine Strafrechtsänderung. Die Strafvorschrift soll „nur“ ins Sozialgesetzbuch V – wo es eigentlich ums Vertrags- und Leistungsrecht geht. Aus Lauterbachs Sicht bedeutet dies, dass sich die Verfolgung von Korruption auch künftig nicht an der Gefährdung von Patienten, sondern nur am Schaden für die Kassen bemesse. Und auch dafür bedürfe es eines Nachweises, der oft schwer zu erbringen sei. Der Strafrahmen von bis zu drei Jahren Haft sei insofern „reine Theorie“. Für korrupte Mediziner dürfe es „keine Ausnahmeregelung geben“, forderte der SPD- Experte. Ärztekorruption müsse „ganz normal übers Strafrecht geahndet werden können“. Bahr betonte, entscheidend sei, dass die Staatsanwaltschaften ermitteln könnten. Im Strafgesetzbuch gehe es um Grundsätzliches, nicht um Regelungen für einzelne Berufsgruppen. Und einen Strafantrag stellen könne auch bei einer Vorschrift im Sozialrecht jeder von Korruption betroffene Versicherte.

Der Spitzenverband der Kassen zeigte sich erleichtert, dass die Sonderstellung von Praxisärzten „endlich beendet“ werde. Sorge bereite ihm aber die Formulierung, nur „besonders schwere Verstöße“ sanktionieren zu wollen, sagte Verbandsvorstand Gernot Kiefer. „Ein bisschen korrupt gibt es ebenso wenig wie ein bisschen schwanger.“ Wichtig sei, dass „unmissverständliche Grenzen“ gesetzt würden.

Selbst von Ärzten und Pharmaindustrie kam verhaltene Zustimmung. Kassenärztliche Bundesvereinigung und Bundesärztekammer sehen einen „Schritt in die richtige Richtung“. Mit der Neuregelung könnten „nun endlich auch die Geldgeber der Korruption zur Verantwortung gezogen werden“, freute sich Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery. Und Birgit Fischer vom Verband forschender Arzneimittelhersteller sagte dieser Zeitung, Korruption sei „nie ein Weg, um gute Produkte zu fördern“. Nach eigenen Transparenzbemühungen sei eine gesetzliche Regelung nun „der nächste konsequente Schritt für ein Gesundheitswesen des fairen Wettbewerbs“.

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