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Ärztestreit: Honorarplus sorgt für Unmut

Eine Einigung im Ärztestreit ist gefunden - aber so richtig zufrieden scheint fast niemand damit zu sein. Bei Krankenkassen und Patienten war das abzusehen. Aber auch viele Ärzte sind alles andere als begeistert. Nur die Gesundheitsministerin lobt den Kompromiss.

Heftige Proteste sind den Ärzten sicher: "Geradezu unanständig" hatten nicht nur Gewerkschafter die üppigen Honorarforderungen der Kassenärzte kritisiert. Auch Krankenkassen warnen zusammen mit Arbeitgebern vor Mehrbelastungen für Versicherte und Beitragszahler, die für das Milliardenplus aufkommen müssen. Konkurrenzverbände werfen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wiederum vor, zu wenig für niedergelassene Ärzte herausgeholt zu haben.

Wenigstens Ministerin Ulla Schmidt (SPD) lobt den Abschluss der Ärztevertreter. Kein Wunder, hatten Regierung sowie Koalitionäre doch selbst die Latte hoch gehängt und mit der Vorgabe eines 2,5- Milliarden-Euro-Aufschlags die Verhandlungen erschwert. Nun wird der Honorartopf für die 145.000 niedergelassenen Ärzte und ihre Praxen im nächsten Jahr sogar um 2,7 Milliarden Euro aufgefüllt. Das ist weit mehr, als die Kassen zubilligen wollten, und weniger als die Maximalforderung der Ärzte von 4,5 Milliarden Euro. Das Plus von mehr als zehn Prozent, das die Mediziner zusammen mit dem unabhängigen Schlichter gegen den Willen der Kassen durchsetzten, entspricht also nahezu der Vorfestlegung durch die Politik. Die will Unterschiede bei den Ärzte-Gehältern verringern, das komplizierte Abrechnungssystem umstellen, eine Kalkulation in Euro und Cent ermöglichen und schließlich die Ost-West-Angleichung bei der Vergütung vorantreiben.

Bayern wollte keinen Ärger mit den Ärzten

Mit einer attraktiveren Vergütung soll auch dem drohenden Ärztemangel in einigen Regionen entgegengewirkt werden. Vor allem soll der umstrittene neue Gesundheitsfonds ohne Proteste 2009 starten können. Das CSU-regierte Bayern wollte vor den Landtagswahlen Ärger mit Ärzten und geschlossene Praxen vermeiden. Letztlich ging es vor allem um die Frage, wie viel niedergelassene Ärzte verdienen sollen. Die Debatte darüber wird seit Jahren polemisch geführt. Viele Kassenärzte fühlen sich unterbezahlt: Etliche Leistungen müssten sie kostenlos erbringen, das Geld reiche nicht, argumentieren sie.

Die Kassen sehen das anders. Konkrete aktuelle Zahlen zu den Ärzte-Einkommen liegen kaum vor. In der jüngsten Honorarrunde dauerte es laut KBV ganze drei Verhandlungstage, bis sich alle Beteiligten wenigstens auf eine gemeinsame Datenlage verständigen konnten. Im Jahr 2003 warf eine Arztpraxis laut Statistischem Bundesamt - neuere Zahlen gibt es nicht - nach Abzug der Kosten im Schnitt einen Reinertrag von 126.000 Euro ab. Davon gehen Steuern und Kosten für die Altersvorsorge ab. Der Durchschnittswert sagt aber wenig, die Verdienstspannen sind enorm. Hausärzte erhalten meist weniger als Fachärzte, unter Fachärzten sind Radiologen die Spitzenverdiener. Hinzu kommen regionale Differenzen.

Die Kassen zahlen unterschiedlich

Auch zahlen Krankenkassen - je nach Finanzlage - unterschiedlich. Entscheidend ist der Standort. Die KBV rechnet gern vor, dass einem Drittel der Mediziner monatlich gerade einmal 1400 bis 1800 Euro netto aus Abrechnungen mit der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung stünden. Ein weiteres Drittel komme auf bis zu 3600 Euro, der Rest auf bis zu 7000 oder gar 8000 Euro netto im Monat. Aber auch das ist nur die halbe Wahrheit, kommen doch Einnahmen von Privatpatienten dazu. Doch auch diese variieren: Im Osten liegt der Privatanteil laut KBV im Schnitt bei nur einem Prozent, im Westen bei zwölf Prozent.

Versicherte und Arbeitgeber dürften sich dafür kaum interessieren. Ihnen droht eine massive Beitragssatzerhöhung, ausgerechnet bei sich abkühlender Konjunktur. Die höheren Ärzte-Honorare, die mit 0,28 Beitragspunkte zusätzlich zu Buche schlagen, sind dabei nur ein Teil der Rechnung. Auch Kliniken wollen höhere Budgets, unterstützt von den Ländern. Seit längerem wird spekuliert - vorneweg die Kassen - dass der künftig einheitliche Beitragssatz mindestens 15,5 Prozent des Bruttolohns betragen müsste. Das wäre immerhin mehr als ein halber Prozentpunkt über dem jetzigen Satz und kaum im Sinne der Politik. (mfa/dpa)

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