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Haben sich nicht mehr viel zu sagen: Frauke Petry und Bernd Lucke.

© Reiner Zensen/Imago

AfD-Führung in der Krise: Die AfD ist keine Alternative mehr

Liberal gegen rechtsnational, bürgerlicher Protest gegen Wutbürger - seit Wochen streitet die Alternative für Deutschland über ihre politische Ausrichtung. Doch der eigentliche Abstieg begann schon viel früher. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Werner van Bebber

Jetzt fällt auseinander, was nicht zusammengehört. Von Spaltung und Neugründung ist die Rede in der "Alternative für Deutschland", vom Gegeneinander der Liberalen und der Rechtsnationalen, vom Widerstreit der bürgerlichen-konservativen Euro-Kritiker mit den Wutbürgern, denen die ganze Richtung der deutschen Politik nicht passt, von der Familien- bis zur Flüchtlingspolitik.

AfD-Gründer Bernd Lucke und der frühere Liberale Hans-Olaf Henkel hier – die ehemalige Unternehmerin Frauke Petry und der ehemalige Staatssekretär und CDU-Mann Alexander Gauland da: Was sie alle verbindet, ist nicht mehr die Überzeugung, die deutsche Politik brauche dringend eine Alternative in Gestalt einer neuen konservativ-bürgerlichen Partei – es ist die Überzeugung, in einer finalen Auseinandersetzung um die Zukunft der AfD zu stecken, in der jedes Mittel des gewaltfreien Machtkampfs gestattet ist, von der Unterstellung bis zum Abbruch der Kommunikation.

Unbehagen als Antrieb für Politik

Selbst wenn es den führenden AfD-Politikern gelingen sollte, zu einer Linie zurückzufinden, wird der Eindruck bleiben, dass diese Partei, wenn es hart auf hart kommt, genau so ist wie alle andern: Macht kommt vor Inhalt und Überzeugung. Nicht viel ist geblieben von dem interessanten Versuch politisierter Bürger und Professoren, zum Antrieb ihrer Politik ein Unbehagen zu machen, das im kollektiven Euro-Glauben des CDU/CSU/SPD/Grüne/Linke-Bundestags so gut wie keine Repräsentanten hatte. Gescheitert ist die AfD im Grunde genommen schon bei der Bundestagswahl 2013, als sie mit 4,7 Prozent der Zweitstimmen einen Achtungs- und Parteien-Schreck-Erfolg errang, aber eben nicht in den Bundestag einziehen konnte.

Der Bundestag wäre die Arena gewesen, um aus der Euro-Kritik, der fundamentalen Skepsis gegenüber der Festigkeit der Währung, Politik zu machen. Der bürgerlich-professorale Konservatismus hätte sich aus diesem Kraftfeld heraus dann auch gut mit anderen Politikfeldern befassen können – von "Gender" bis Mindestlohn, vermutlich mit hohem medialen Empörungspotenzial über diese Weiß-männlich-hetero-Fraktion und von nicht messbarer politischer Wirkung, aber immerhin

Stattdessen ließen sich Lucke, Henkel und einige andere ins EU-Parlament wählen. Seither fragt man sich, was sie dort wollen. Henkels jüngste Erklärung befasst sich mit der "Alkohol-Strategie" des EU-Parlaments, wirft die Frage auf, warum die EU-Kommission Dinge regeln wolle, die auch die nationalen Regierungen regeln könnten und lehnt die "Alkohol-Strategie" als übergriffig ab. Eine klassische FDP-Argumentation – kein Wunder, dass hier und da die Liberalen zu neuem Ansehen finden

Fataler Strategiewechsel

Nicht minder fatal als der Schritt in das falsche Parlament war der Strategiewechsel, den der Brandenburger AfD-Frontmann Alexander Gauland betrieb. Gauland glaubte wohl von Anfang an nicht daran, dass bürgerliche Dezenz im politischen Meinungskampf à la Lucke durch wahlkampfreie Zeiten trägt.

Also betrieb er, was man betreiben muss, um präsent zu bleiben – populistische (Altherren-) Wellenreiterei, Pegida-Umarmung. Das mag in der Landespolitik Erfolge bringen – aufs Ganze der AfD gesehen stellt man so aber ständig Macht- und Strategiefragen. Im Kampf der AfD-Frontleute kommen Umgangsfragen hinzu. In der Hinsicht ist die AfD keine Alternative.

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