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Tagesspiegel-Kolumnist Harald Martenstein.

© picture alliance / dpa

AfD, Minarette und Religionsfreiheit: Und wer verbietet den Fernsehturm?

Die AfD fordert, Minarette zu verbieten. Unser Autor findet das falsch und äußert einige Gedanken zur Architektur. Eine Glosse.

Der katholische Glaube deckt sich leider auch nicht mit dem Grundgesetz. Bei den Katholischen dürfen zum Beispiel nur Männer den Priesterberuf ausüben. Diese Regel widerspricht der Gleichheit von Mann und Frau, wie sie im Grundgesetz garantiert wird. Die Katholiken dürfen das, weil in der Verfassung auch die Religionsfreiheit garantiert wird. Religionen sind in der Regel alt und nicht modern, man wird dort folglich immer einiges finden, das nicht im Einklang mit der Gegenwart steht.

Natürlich gilt die Religionsfreiheit nicht unbegrenzt, jedes Recht stößt an Grenzen, dann, wenn es andere, ebenfalls schutzwürdige Rechte beeinträchtigt. Deshalb ist ja auch der Satz „Beim Asylrecht gibt es keine Begrenzung“ ein falscher Satz. Wenn fundamentalistische Christen auf die Idee kommen, lebensgefährliche Teufelsaustreibungen zu veranstalten, schreiten Polizei und Justiz ein.

Die Gedanken sind frei, bei den Taten gibt es Grenzen, die bei Religionen allerdings großzügig ausgelegt werden sollten. Die Gesetze und die Freiheitsrechte ihrer Mitmenschen müssen auch Gläubige respektieren. Dies alles gilt genauso für den Islam, nicht mehr und nicht weniger.

AfD will Architektur nach ihrem Weltbild

Die AfD fordert, Minarette zu verbieten. Bei dieser Partei ist der Respekt vor den Freiheitsrechten der Mitmenschen also nicht sonderlich ausgeprägt. Die Architektur soll sich gefälligst nach dem Weltbild der Partei richten. Es soll Religionen erster Klasse und Religionen zweiter Klasse geben, die einen dürfen Kirchtürme bauen, die anderen nicht. Einerseits fordern sie von den Muslimen Integration, auf der anderen Seite sollen die Muslime durch Sondergesetze gedemütigt werden. Was ist eigentlich mit dem Hindutempel in der Hasenheide? Darf der stehen bleiben? Ein Teil der christlich-abendländischen Tradition ist der auch nicht.

Zur Begründung der Verbotsidee heißt es, Minarette seien ein „Herrschaftssymbol“ des Islam. Da verstehe ich nicht, warum Hochhäuser erlaubt bleiben sollen.

Das Hochhaus ist eine hauptsächlich amerikanische, auf keinen Fall christliche oder germanische Idee und ganz klar ein Herrschaftssymbol des US-Kapitalismus. Und diese phallische Form, die Hochhäuser haben, das ist Stein gewordener Sexismus. Auf ein Hochhausverbot könnten die rechten und die linken Volkserzieher sich vielleicht sogar einigen.

Das schlimmste Herrschaftssymbol aber ist eindeutig der Fernsehturm. Erbaut wurde er als Symbol für die DDR-Diktatur, heute steht er für die Zwangsgebühren des Staatsrundfunks und für die Herrschaft von Anne Will. Wenn man erst mal anfängt, auf diese Art über Gebäude nachzudenken, bleibt kein Stein auf dem anderen.

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