zum Hauptinhalt
Distanz wahren oder Kontakt aufnehmen: Nach dem Rücktritt von Sprecherin Kathrin Oertel habe sich die Sache mit Pegida erledigt, sagt der Chef der AfD in Brandenburg, Alexander Gauland.

© Paul Zinken/dpa

AfD und Pegida: Partei mit rechter Strömung

Die Führung der AfD streitet weiter über den Umgang mit Pegida – auch auf dem Parteitag, der jetzt in Bremen begonnen hat. Es geht nicht zuletzt um die Frage, wie stark die islamfeindlichen Kräfte werden.

Von Antje Sirleschtov

Fragt man die sächsische Politikerin Frauke Petry dieser Tage danach, wie viele unterschiedliche Strömungen es in ihrer Partei gibt, so erntet man leicht Unverständnis. Es gebe zahlreiche unterschiedliche Strömungen in der AfD, sagt Petry dann. Und dass das ja in keiner der etablierten Parteien anders sei.

Ganz falsch mag das nicht sein. Dennoch erlangt die Strömungsfrage bei der Alternative für Deutschland (AfD) dieser Tage eine ganz besondere Bedeutung. Das hat ausgerechnet etwas mit den aktuellen Turbulenzen beim islamkritischen Bündnis Pegida zu tun.

Bis Sonntag treffen sich Mitglieder der AfD zu einem Bundesparteitag in Bremen. Dabei sollte es eigentlich um Satzungsfragen gehen, also um die künftigen Strukturen der noch jungen Partei. Und um ein paar für die als eurokritisch gestartete Partei eher randständige Themen wie Familien- und Generationenpolitik. Gut 2000 Mitglieder werden erwartet. Und wer die Treffen der AfD schon einmal erlebt hat, der weiß, dass zermürbende Debatten um Verfahrens- und Richtungsfragen zu erwarten sind.

Mehr Raum fürs National-Konservative?

Nun allerdings droht das Konzept der Parteitagsregie komplett aus den Fugen zu geraten. Denn seit Wochen tobt innerhalb der Parteispitze ein heftiger Disput über die Frage, ob sich die AfD auf ihren euro-kritischen und wirtschaftsliberalen Kern zurückziehen sollte oder ob sie den vorhandenen national-konservativen und sogar offen ausländer- und islamfeindlichen Strömungen Raum zur freien Entfaltung geben sollte.

Zum Objekt der Auseinandersetzung wurde Pegida, das offen islamkritischen Demonstrationsbündnis. Seit Monaten zieht es tausende Dresdner auf die Straße und hat in mehreren Städten Ableger gebildet, die mit fremdenfeindlichen Parolen noch weniger hinter dem Berg halten als die "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" in Dresden selbst.

Während AfD-Parteichef Bernd Lucke von Anfang an vor einer Nähe zu Pegida gewarnt und wie der ehemalige BDI-Chef Hans-Olaf Henkel Gespräche abgelehnt hat, bekannten sich Frauke Petry und der brandenburger AfDChef Alexander Gauland zu Kontakten mit Pegida. Man müsse die Anliegen der Leute ernst nehmen, sagen sie. Ein Argument, das auch eine Mehrheit der Deutschen vertritt. Im neuen Politbarometer von Tagesspiegel und ZDF befürworten drei Viertel der Befragten Gespräche der Parteien mit Pegida. 20 Prozent meinen hingegen, die politischen Parteien sollten sich einem Dialog verweigern.

Scharfe Widerworte

Anfang der Woche hatte Gauland denjenigen in der AfD eine starke Stimme gegeben, die die Partei im politischen Spektrum nach rechts ziehen wollen, weil sie dort viele Wähler vermuten, die die etablierten Parteien nicht erreichen. Von einem Zuzugsstopp für Ausländer aus dem Nahen Osten hatte Gauland gesprochen, dafür allerdings nicht nur von Parteichef Lucke, sondern auch von Petry scharfe Widerworte bekommen.

Nun, da sich die Pegida-Führung aufgelöst hat, gibt es wieder Streit über den Umgang mit der Bewegung. Gauland, der Ende vergangenen Jahres einer der ersten Politiker war, die sich dem Demonstrationszug der Sachsen offen zugewandt hatten, bekannte nun in der "Welt", nach dem Rücktritt von Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel sei für ihn "das Thema Pegida erledigt".

Frauke Petry hingegen will weiter den Dialog mit Anhängern der Bewegung suchen. "Die Tausenden von Menschen, die auf die Straße gegangen sind, sind es weiterhin wert, gehört zu werden", sagte sie im Westdeutschen Rundfunk. Die AfD könne sich der Tatsache nicht verschließen, dass es Probleme gebe, die aus dem politischen Islam herrühren.

"Gefahr eines Schiffbruchs"

Was der Streit um den Umgang mit Pegida für die AfD und den Parteitag bedeutet, das fasste Vize Hans-Olaf Henkel am Freitag zusammen: "Im Überschwang erfolgreicher Wahlergebnisse orientierten sich einige auf der Kommandobrücke nicht mehr an dem Licht der Sterne, also unserem Wahlprogramm, sondern an den Lichtern anderer vorbeifahrender Schiffe, zum Beispiel an Pegida", schrieb er in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt". "Mit einer Satzungsänderung ist die Gefahr eines Schiffbruchs aber noch nicht beseitigt. Wären Versuche erfolgreich, die ganze Mannschaft auf die Steuerbordseite abzukommandieren, würde unser Schiff Schlagseite bekommen und untergehen."

Die Steuerbordseite ist bekanntlich die rechte Seite eines Schiffes.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false