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Kommando zurück: 2011 will die Bundeswehr mit dem Abzug aus Afghanistan beginnen, 2014 soll er abgeschlossen sein. Spätestens dann müssen afghanische Soldaten allein für die Sicherheit in ihrem Land sorgen. Foto: dpa

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Afghanistan: Abzug ohne Gewähr

Das Kabinett berät über das Afghanistanmandat – schon 2011 sollen die Truppen reduziert werden. Verteidigungsminister Guttenberg warnt vor einer zu offensiven Rückzugsrhetorik.

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Berlin - Eigentlich geht es Ende Januar im Bundestag um eine Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Doch wenn das Kabinett am heutigen Mittwoch den Entwurf für den Text berät, wird vor allem eines im Mittelpunkt stehen: der Abzug. Im neuen Mandat wird festgeschrieben, dass der Abzug der Bundeswehr noch 2011 beginnen soll. Das hatte die SPD verlangt, die am 28. Januar nun zustimmen will. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte die Nachricht vom Einlenken der Sozialdemokraten am Montag bei einem Besuch in Kundus ereilt, wo er noch einmal für eine Verlängerung des Einsatzmandats warb. Er selbst hatte sich ebenfalls für die zeitliche Festlegung auf 2011 ausgesprochen. Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hingegen wollte bis zuletzt kein Datum für den Beginn des Abzugs aus Afghanistan zusagen. Auch am Dienstag hieß es in seinem Ministerium, eine Reduzierung der deutschen Truppen bleibe situationsabhängig. Im Mandat steht dafür nach dem Abzugstermin der Zusatz: „soweit die Lage dies erlaubt“. Ruprecht Polenz (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, sieht daher auch keinen Dissens zwischen Westerwelle und Guttenberg. „Der Verteidigungsminister formuliert richtigerweise auch die Bedingungen für den Abzug sehr deutlich“, sagte Polenz dem Tagesspiegel. Sollten sich die Dinge in Afghanistan schlechter entwickeln als erwartet, könne niemand sagen, der Rückzugstermin sei doch fest versprochen gewesen. „Klar ist: Eine Übergabe der Verantwortung erfolgt nur dort, wo die Afghanen in der Lage sind, die Sicherheit ohne fremde Truppen zu gewährleisten“, sagt Polenz.

Wo und in welchem Umfang die Bundeswehr Soldaten vom Hindukusch abziehen wird, steht nach Angaben des Verteidigungsministeriums indes noch nicht fest. Der Kommandeur der internationalen Afghanistanschutztruppe Isaf, US-General David Petraeus, hatte Ende vergangenen Jahres gleich drei Provinzen aus dem Einsatzgebiet der Bundeswehr in Nordafghanistan als „übergabereif“ bezeichnet, darunter Badakhschan, wo rund 500 deutsche Soldaten stationiert sind.

Konkrete Entscheidungen sollen frühestens im Frühjahr fallen – wenn die Aufständischen traditionell in die Offensive gehen und sich zeigt, wie stark sie noch immer sind. Eine wichtige Voraussetzung für den schrittweisen Truppenabzug, so wird im Guttenberg-Ministerium betont, sei jedoch gegeben. Beim Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte liege man derzeit „über Plan“, wie ein Sprecher sagt. Ende 2010 verfügte die afghanische Armee bereits über 150 000 Soldaten, bis Oktober 2011 sollen es 171 000 werden.

Dennoch warnt nicht nur Guttenberg vor einer zu offensiven Rückzugsrhetorik. Die USA und ihre Verbündeten sollten „nicht den Eindruck erwecken, dass sie rasch abziehen werden“, schreiben Guido Steinberg und Nils Wörmer von der Stiftung Wissenschaft und Politik in einer aktuellen Lageanalyse. Demnach hat es die Bundeswehr im Norden gleich mit mehreren feindlichen Gruppierungen zu tun, sich bisher aber zu wenig mit deren jeweiligen Zielen und Vorgehensweisen beschäftigt. Für eine erfolgreiche Bekämpfung der Aufständischen und auch im Hinblick auf Verhandlungen seien „solche Kenntnisse jedoch elementar und eminent wichtig“, heißt es in dem Papier.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, geht allerdings ebenfalls davon aus, dass sich die Sicherheitslage in einzelnen Regionen bereits so stabilisiert hat, dass ein Teilabzug möglich ist. Ein solcher Schritt sei „ein wichtiges Zeichen an die Öffentlichkeit in Deutschland und Afghanistan“. Über ihr Abstimmungsverhalten bei der Entscheidung über die Mandatsverlängerung hätten sich die Grünen aber noch nicht verständigt, sagt Nouripour. Er rechnet damit, dass sich „die Mehrheit meiner Fraktion enthalten wird“. Er selbst werde eine Entscheidung treffen, wenn er die Begründung des Kabinettsbeschlusses gelesen habe. Bleibt die Linkspartei. Sie lehnt den Einsatz weiter geschlossen ab.

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