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Afghanen protestieren gegen Wahlfälschung.

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Update

Afghanistan: Betrugsvorwürfe zeigen Wirkung

Ein Mitglied der Wahlkommission soll einem Kandidaten den Sieg versprochen haben. Davon gibt es einen Tonmitschnitt. Der Beschuldigte ist nun zurückgetreten.

Die Wahlbeobachter sind vorsichtig. Nach der zweiten Runde bei den Präsidentschaftswahlen in Afghanistan gibt es viele Gerüchte über Manipulationen. In Kabul gingen am Wochenende mehrere hundert Anhänger des Kandidaten Abdullah Abdullah auf die Straße, um gegen Wahlfälschungen zu protestieren. Im westlichen Herat verbrannten Studenten ihre Wahlkarten als Zeichen des Protests gegen die angeblichen Manipulationen bei der Stichwahl zwischen Abdullah und seinem Gegenkandidaten Aschraf Ghani am 14. Juni.

Ein brisantes Tonband

Das Lager Abdullahs stellte am Sonntag bei einer Pressekonferenz einen Audiomitschnitt vor, der den Sekretär der Wahlkommission, Sia-ul-Hak Amarchail, ins Zwielicht rückt. In den 13-minütigen, schwer zu verstehenden Aufzeichnungen sollen Amarchail, weitere Kommissionsmitglieder und "ein Mitglied aus Ghanis Team" zu hören sein. Unter anderem soll darin Ghani zugesichert werden, dass Mitarbeiter der Kommission benutzt würden, seinen Sieg zu sichern. Wie Abdullahs Wahlkampfteam an die Aufzeichnungen kam, war unklar. Auch konnte deren Authentizität nicht von unabhängiger Seite geprüft werden. Amarchail trat am Montag von seinem Amt zurück, stritt die Vorwürfe aber ab. Das Tonband bezeichnete er als Fälschung. Abdullah hatte am Mittwoch den sofortigen Abbruch der Stimmenauszählung und ein Eingreifen der UN gefordert. Der frühere Außenminister war bereits 2009 als Präsidentschaftskandidat gescheitert. Damals trat er gegen den bisherigen Präsidenten Hamid Karsai an, der die Wahl auch nach Auffassung ausländischer Beobachter massiv zu seinen Gunsten fälschen ließ und sich so die Wiederwahl sicherte.

Beobachter sind zurückhaltend

In der ersten Runde der diesjährigen Wahlen hatte das Wahlbeobachterteam der EU den afghanischen Behörden hingegen zunächst ein gutes Zeugnis ausgestellt. Zu den nun aufgetauchten Vorwürfen hat sich niederländische Delegationsleiter Thijs Berman zunächst nicht geäußert. In einer Erklärung kurz nach der Wahl hieß es jedoch: "Vorwürfe, die von den Kandidaten vorgebracht werden, müssen untersucht werden." Auch die Mitarbeiter des "Afghan Analysts Networks", einem unabhängigen Zusammenschluss internationaler Afghanistanexperten, halten sich mit Urteilen bislang zurück. "Unser Verdacht ist, dass es sowohl mehr Betrug als auch ein höhere Wahlbeteiligung gab", schreiben Pakteen Ibrahimi und Kate Clark in einer ersten Analyse.

Vor allem die Frauen sind verdächtig

Die höhere Wahlbeteiligung ist einer der Hauptansatzpunkte für die Manipulationsvorwürfe. Vor allem die höhere Wahlbeteiligung von Frauen. Laut unabhängiger Wahlkommission gingen diesmal 38 Prozent der afghanischen Frauen wählen, während in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen im April 36 Prozent der wahlberechtigten Frauen ihre Stimmen abgaben. Untersuchungen der Wahl 2009 ergaben jedoch, dass viele Frauen nicht wählten, ihre Stimmkarten jedoch dazu benutzt wurden, Karsai zusätzliche Stimmen zu sichern. Generell gilt: Wo die Wahlbeteiligung im zweiten Durchgang höher war als im ersten, liegt der Verdacht nahe, dass massenhaft falsche Stimmzettel in die Urnen gefüllt wurden. So sollen allein in der Provinz Khost diesmal 400.00 Stimmen und damit 270.000 mehr als im ersten Wahldurchgang abgegeben worden sein. Auch 2009 waren hier Unregelmäßigkeiten aufgetreten.

Abdullah sieht sich erneut betrogen

Abdullah fürchtet offenbar, dass er nach 2009 nun ein weiteres Mal um einen Wahlsieg gebracht werden soll. Aus der ersten Runde war er mit 13 Punkten Vorsprung in das Duell mit Ghani eingezogen. Und obwohl sich einer der Mitbewerber aus dem ersten Wahlgang und auch andere wichtige Persönlichkeiten aus dem Umfeld Karsais danach öffentlich hinter ihn stellten, liegt er Medienberichten zufolge nun jedoch deutlich zurück. Ein
offizielles Ergebnis soll am 2. Juli bekanntgegeben werden. Sollte dann der frühere Weltbankmanager und Minister Ashraf Ghani zum Sieger erklärt werden, drohen weitere Unruhen im Land.

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