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Ministerin Ursula von der Leyen verspricht in jedes Mikrofon - mehr Transparenz.

© dpa

Afghanistan-Connection: Leyens Transparenzoffensive könnte schnell ins Stocken geraten

Ursula von der Leyen ist das Amt der Verteidigungsministerin angetreten mit dem Versprechen, offener und nachvollziehbarer zu agieren. Vor allem im Beschaffungs- und Ausrüstungswesen. Doch ein Schreiben aus ihrem Haus zeigt: Mit der Transparenzoffensive ist es nicht weit her.

Von Michael Schmidt

Transparenz, Transparenz, Transparenz. Als Ursula von der Leyen das Amt des Verteidigungsministers antrat, tat sie einiges, um den Eindruck zu erwecken, mit ihr werde es kein „Weiter-so“ geben. Das Beschaffungs-unwesen sollte vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Eine neue Unternehmenskultur Einzug halten im Bendlerblock. Keine Mauscheleien mehr, klare Verantwortlichkeiten, nachvollziehbare Entscheidungen. Doch unterhalb der Schwelle öffentlicher Wahrnehmbarkeit zeichnet sich ab: Mit der Transparenzoffensive der Ministerin ist es nicht weit her. Das zeigen die Recherchen des Tagesspiegels und des ARD-Magazins "Fakt" zur "Afghanistan-Connection" im Verteidigungsministerium.

Vor 2016 keine Informationen mehr darüber, was die Truppe braucht und was das kosten soll?

Auf die Frage der abrüstungspolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Inge Höger, wie es informationspolitisch weitergehe, nachdem das Ministerium den bisher jährlich erscheinenden Bundeswehrplan nicht mehr erstellen will, antwortete Staatssekretär Markus Grübel am 8. August 2014: „Bereits vor Beginn der Neuausrichtung der Bundeswehr wurde aufgrund der umfassenden Strukturreformuntersuchungen davon abgesehen, den früheren ,Bundeswehrplan’ in der Ihnen bekannten Form zu erstellen und zu verteilen (…) So trägt beispielsweise die an die Stelle des Bundeswehrplans gerückte Finanzbedarfsanalyse einen deutlich stärkeren ressortinternen Charakter als der ehemalige Bundeswehrplan. Es wird daher um Verständnis gebeten, dass eine Weitergabe der Finanzbedarfsanalyse nicht vorgesehen ist.“ Wie dem berechtigten Informationsinteresse der parlamentarischen Ausschüsse entsprochen werden könne, „wird mit Blick auf die Anfang des Jahres 2015 verfügbare Finanzbedarfsanalyse für das Jahr 2016 derzeit geprüft.“

Vor 2016 keine Informationen mehr darüber, was die Truppe braucht und was das kosten soll? Was hier am Rande der Unverständlichkeit in so gespreiztem Bürokratendeutsch daherkommt, ist eine Kampfansage. Und genauso wird es von den zuständigen Abgeordneten auch verstanden: als Affront. Sie fühlen sich von ihrem Kerngeschäft, der Kontrolle der Regierung abgehalten.

SPD-Politiker Lars Klingbeil erinnert das Ministerium an dessen Auskunftspflicht: “Wir sind die politisch Verantwortlichen.” Der Bundestag, die Abgeordneten sind es, die die Armee in den Einsatz schicken. Und das können sie nur verantwortlich tun, wenn sie wissen worüber sie entscheiden, auf welcher Grundlage, unter welchen Rahmenbedingungen: “Deswegen gehören die Informationen ins Parlament.”

Alexander Neu von der Linkspartei sieht einen Korpsgeist am Werk: “Man möchte unter sich bleiben. Und das geht gar nicht”, sagt Neu. Mit diesem Schreiben werde von Regierungsseite “ganz offensichtlich versucht, die parlamentarischen Kontrollrechte zu untergraben: Wie soll ich als Parlamentarier, als gewählter Parlamentarier, die Bundesregierung, das Verteidigungsministerium und die Bundeswehr kontrollieren, wenn man sich weigert, mir die notwendigen Informationen zu geben?”

Nouripour spricht von einem Skandal

Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour erinnert an das Königsrecht des Parlaments, das Haushaltsrecht, und spricht von einem Skandal. Die Abschaffung des Bundeswehrplans in dieser Zeit, da die Truppe sich im großen Umbruch befinde, sei völlig falsch. Vielmehr müsse klar gemacht und klar gesagt werden, “wohin es mit der Bundeswehr geht”. Wer Informationen für sich behalte, wolle offenbar nicht kontrolliert werden. Wer nicht kontrolliert werden wolle, bei dem liege möglicherweise einiges im Argen. Die Haltung, die aus dem Schreiben des Staatssekretärs spreche, sei völlig “indiskutabel”, sagt der Grünen-Politiker. Sie zeige aber, “wie es um von der Leyens Demokratieverständnis bestellt ist”.

Die "Afghanistan-Connection" ist eine Recherchekooperation des Tagesspiegel und des ARD-Magazins "Fakt". Alles zum Thema finden Sie unter www.afghanistan-connection.de

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