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Politik: Afghanistan: Die Stunde der Warlords

Zurzeit sieht es nicht danach aus, als könne Afghanistan unter der neuen Übergangsregierung zu einer friedlichen Einheit zusammenwachsen. Erst am Montag war vor dem Wagen des afghanischen Verteidigungsministers Mohammed Kasim Fahim ein Sprengsatz explodiert; insgesamt sind wegen geplanter Anschläge auf die Regierung in der vergangenen Woche rund 260 Menschen festgenommen worden.

Zurzeit sieht es nicht danach aus, als könne Afghanistan unter der neuen Übergangsregierung zu einer friedlichen Einheit zusammenwachsen. Erst am Montag war vor dem Wagen des afghanischen Verteidigungsministers Mohammed Kasim Fahim ein Sprengsatz explodiert; insgesamt sind wegen geplanter Anschläge auf die Regierung in der vergangenen Woche rund 260 Menschen festgenommen worden. Und Anfang April hatte es einen Putschversuch gegen Interimspremier Hamid Karsai gegeben. All dies weist bestürzende Parallelen zu den Entwicklungen von 1992 auf.

Auch damals hatte die internationale Gemeinschaft die rivalisierenden Fraktionen auf einen Frieden eingeschworen - der dann keine sieben Monate hielt. Karsai hat bisher nicht einmal vermocht, sich wenigstens der Loyalität jener Paschtunenstämme zu versichern, die im Dezember seine Ernennung unterstützt hatten.

Dazu kommen erhebliche inter-ethnische Spannungen im Kabinett selbst, die durch das Hickhack um eine gemeinsame Armee weiter eskalieren. Nach wie vor bestehen die Streitkräfte des Landes daher vornehmlich aus den Einheiten der einstigen Nordallianz: Das sind fast ausschließlich ethnische Tadschiken. Von den anderen Bevölkerungsgruppen werden sie nicht zu Unrecht mit Misstrauen beäugt, denn Fahim hat sie bereits mehrfach zu Säuberungen losgelassen.

Um eine nationale Armee aufzubauen, müsste das Mandat der Isaf-Truppe auf ganz Afghanistan ausgedehnt werden. Denn nur sie verfügt über die Mittel, die Warlords dazu zu zwingen, einerseits mit der Regierung zu kooperieren und andererseits die Rivalitäten einzustellen. Großbritannien indessen, das zurzeit die Führung inne hat, will sein Mandat Mitte April niederlegen.

Weil andere Westeuropäer - auch Deutschland - sich nach dieser Aufgabe nicht gerade drängeln, dürfte die Türkei das Kommando übernehmen. Nach Meinung von Beobachtern ist das ein riskantes Unternehmen: Ankara befriedige damit vor allem politischen Ehrgeiz, habe jedoch immense finanzielle Probleme. Viele Afghanen unterstellen den Türken zudem, parteiischer zu sein als die Briten. Sie verweisen auf türkische Unterstützung für den berüchtigten Usbeken-General Abdurraschid Dostum, der im Norden an der Restauration seines Teilreiches bastelt und sich Afghanistan bestenfalls als Konföderation vorstellen kann.

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