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Als Marionette verspottet. Karsai will das Heft des Handelns in der Hand behalten, nach dem Abzug der internationalen Truppen muss er um seine Macht fürchten.

© dpa

Afghanistan: Die Taliban reden - und kämpfen

Abgesandte Washingtons haben Taliban getroffen, Afghanistans Präsident Hamid Karsai zieht nach. Der Krieg tobt weiter.

Noch vor wenigen Jahren wurden Politiker, die laut über Friedensgespräche mit den Taliban nachdachten, beinahe in der Luft zerrissen. Die Militanten selbst wurden als Terroristen geächtet. Doch inzwischen scheinen sich die politisch Beteiligten geradezu darum zu reißen, mit ihnen zu sprechen. Nach den USA will nun Afghanistans Präsident Hamid Karsai eigene Friedensgespräche mit den Militanten starten. Bereits binnen der nächsten Wochen soll es zu einem Treffen in Saudi-Arabien kommen, berichtete der britische Sender BBC.

Nach zehn Jahren Krieg, Zehntausenden Toten und Milliarden Dollar Ausgaben scheint Bewegung in den blutigen Konflikt zu kommen. Wie die „New York Times“ berichtete, haben die USA und die Taliban bereits zuvor in aller Stille im Golfstaat Katar Vorgespräche für Friedensverhandlungen begonnen, was als erster kleiner Durchbruch gilt. Politische Analysten predigen seit Beginn des Blutvergießens, dass sich der Konflikt nur am Verhandlungstisch, nicht aber auf dem Schlachtfeld beenden lasse.

Diese Erkenntnis scheint nun auch in Washington zu reifen. Deutsche Diplomaten hatten die Kontakte zwischen den Unterhändlern von USA und Taliban maßgeblich mit eingefädelt. Die Deutschen genießen in Afghanistan hohes Ansehen, bei den Taliban stehen sie im Ruf, zuverlässige Gesprächspartner zu sein. In Deutschland soll es vergangenes Jahr bereits zu ersten heimlichen Treffen zwischen den Kriegsparteien gekommen sein.

Ob Karsai seine Gesprächsinitiative mit den USA abgestimmt hat oder er und Washington nun um einen Friedensdeal wetteifern, wurde nicht klar. Analysten glauben aber, dass Karsai mit den USA um die Führungsrolle bei den Gesprächen streite und deshalb eine zweite „Verhandlungsfront“ aufmachen wolle. Karsai sei erbost, weil die USA ihn nicht einbinden würden, berichtete die pakistanische Zeitung „Express Tribune“. Doppelgespräche drohten den Friedensprozess allerdings eher zu verwirren als voranzubringen. Die Taliban haben sich bisher geweigert, Karsai als Verhandlungspartner zu akzeptieren, da sie ihn als US-Marionette ansehen.

Bereits vor einigen Wochen hatte sich Washington damit einverstanden erklärt, dass die Taliban ein offizielles Büro in Katar einrichten. Dies gilt als erster größerer Schritt, um die Militanten in einen Friedensprozess einzubetten. Bei den Vorgesprächen geht es zunächst darum, Vertrauen zwischen den Kriegsparteien aufzubauen, hieß es. Die Taliban wollen, dass die USA fünf ihrer Leute aus Guantanamo freilassen. Dies scheitert bisher daran, dass die USA einen Waffenstillstand zur Vorbedingung machen, was die Aufständischen ablehnen. Das Blutvergießen in Afghanistan dürfte daher vorerst weitergehen – beide Seiten wollen weiter Druck ausüben, um dem Gegenüber Zugeständnisse abzuringen.

Auch Pakistan hat die Gespräche zwischen den USA und den Taliban offenbar nach anfänglichem Widerstand stillschweigend gebilligt. In dem Nachbarland von Afghanistan hält sich seit Jahren die Führungsriege der afghanischen Taliban versteckt. Laut „New York Times“ durften nun bis zu acht Taliban-Unterhändler aus Pakistan nach Katar reisen, um dort das geplante Büro aufzubauen. Dies wäre ohne Segen Islamabads nicht möglich gewesen. Pakistan spielt eine Schlüsselrolle bei einem möglichen Friedensdeal. Einige Quellen behaupten, es halte die Familien wichtiger Taliban-Führer als Geiseln gefangen, um diese zu dirigieren.

Zugleich scheint sich auch die Krise zwischen der zivilen Regierung und dem Militär in Pakistan zu entspannen. Zuletzt galt ein Militärputsch als denkbar. Pakistans neuer politischer Shootingstar, der Ex-Kricketspieler Imran Khan, wurde für den Fall vorgezogener Neuwahlen als möglicher neuer „Mann des Militärs“ auf dem politischen Parkett gehandelt. Ex-Militärherrscher Pervez Musharraf, der zur Wahl hatte antreten wollen, machte einen Rückzieher. Er ließ mitteilen, er werde bis auf Weiteres im Exil bleiben.

Durch einen Selbstmordanschlag im Nordwesten Pakistans sind am Montag mindestens vier Menschen getötet und sieben verletzt worden. Unter den Toten sei der Anführer einer islamistischen Rebellengruppe in Peshawar, Haji Akhunzada, sagte ein ranghoher Polizeivertreter. Die bewaffnete Gruppe Ansarul Islam ist im Stammesgebiet von Khyber zwischen Peshawar und der afghanischen Grenze aktiv und kämpft dort regelmäßig mit einer anderen Rebellengruppe, Lashkar-e-Islam. In dem Gebiet haben viele islamistische Kämpfer ihre Basis. (mit AFP)

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