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Politik: Afghanistan: Ein Staat auf zehn Seiten

Wie sieht es aus, wenn ein Staat neu erfunden wird? Fast acht Tage lang haben mehr als 60 Afghanen und mindestens ebenso viele internationale Vermittler über kaum zehn Blatt Papier gebrütet.

Von Caroline Fetscher

Wie sieht es aus, wenn ein Staat neu erfunden wird? Fast acht Tage lang haben mehr als 60 Afghanen und mindestens ebenso viele internationale Vermittler über kaum zehn Blatt Papier gebrütet. Auf diesen Seiten fand sich der Entwurf der Vereinten Nationen für eine Interimsregierung, die zunächst sechs Monate amtieren soll. Dem derzeitigen Afghanistan fehlt alles, was einen Staat ausmacht. Ein Regierungschef muss gefunden werden und ein Kabinett , ein Ansatz zu einer Legislative und Exekutive und ein Sicherheitssystem, das den neuen Organen für eine Übergangszeit stabiles Funktionieren erlaubt.

Um das Regierungsvakuum zu füllen, sollen zunächst 28 Ministerien und ein Regierungschef eine Interimsverwaltung bilden. In sechs Monaten soll dann die erste große Versammlung - Loya Jirga - zusammentreten, um eine Übergangsregierung zu bilden. Eine verfassungsgebende Versammlung soll sich weitere 18 Monate später zusammenfinden, als zweite Loya Jirga. Erleichtert, aber mit immer noch von Skepsis berührter guter Laune, erklärte UN-Sprecher Ahmad Fawzi dieses Prozedere den am Fuß des Petersbergs ausharrenden Journalisten.

Zum Thema Online Spezial: Kampf gegen Terror Afghanistan: Wege jenseits der Bomben Bundeswehr-Einsatz: Deutschland und der Krieg Fotostrecke: Krieg in Afghanistan Die in der Nacht von Montag auf Dienstag getroffene Vereinbarung sieht auch vor, einen obersten Gerichtshof einzurichten und sich bei bisher ungelösten Fragen behelfshalber bei der relativ liberalen früheren Verfassung von 1963 zu bedienen. Auch mit Altlasten muss sich der Staat-im-Werden befassen. Eine Menschenrechtskommission soll sich um Flüchtlinge kümmern, Kriegsverbrechen sollen geahndet werden. Schließlich geht es um die Teilhabe der Frauen am Geschehen, auch diese schreibt die bindende Vereinbarung fest. Ein Zusatz regelt die Präsenz einer internationalen Sicherheitstruppe mit UN-Mandat: Alle auf dem Petersberg sind sich einig, dass sie solchen Schutz brauchen und erbitten werden. Begleitet wird jeder Schritt der Staatswerdung von den Vereinten Nationen, so steht es im Anhang des Dokumentes.

Weiter ungelöst sind die Personalfragen. UN-Unterhändler Brahimi liegen mehr als 150 Namen aller vier afghanischen Gruppen auf dem Petersberg vor. Noch am Dienstag wollte er seine Wahl der 29 Regierungsmitglieder zur Entscheidung vorlegen.

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