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Afghanistan

© AFP

Afghanistan: Eingeschränkte Kontrolle

Die afghanische Polizei sieht sich nach jüngsten Ermittlungserfolgen auf einem guten Weg - in Kabul. Auf dem Land sieht die Lage anders aus.

Berlin - In Kabuls Straßen sind die afghanischen Polizisten nicht mehr zu übersehen. An vielen Orten sind Straßenkontrollen errichtet, Autos werden regelmäßig gestoppt und untersucht – auf Waffen, Verdächtige und Bomben. „Es wird besser“, sagen Mitarbeiter von internationalen Hilfsorganisationen über die Arbeit der Nationalpolizei in Afghanistans Hauptstadt. Auch, weil dort anders als auf dem Land und in den Provinzen genügend Beamte im Einsatz seien.

Insgesamt 300 Mann waren in Kabul an der Befreiung der deutschen Geisel Christina M. beteiligt, berichtete der Sprecher des Innenenministeriums in Kabul am Montag. Zwei Verdächtige für den Mord an den beiden Mitarbeitern der Deutschen Welle im vergangenen Herbst seien ebenfalls gefasst worden. „Ein schöner Erfolg“, sagt Friedrich Eichele, Chef der Eupol Afghanistan, die im EU-Auftrag die Regierung bei Aufbau und Ausbildung der Polizeitruppe unterstützt. Das Inneministerium in Kabul bestätigte, dass an der Befreiungsaktion auch Polizisten beteiligt waren, die von Deutschen mit ausgebildet worden waren.

Seit Juni koordiniert die EU die Polizeiausbildung, die zuvor bei den Deutschen lag und als zu langsam kritisiert worden war. Man konzentrierte sich auf die mittleren und gehobenen Dienstgrade, deren Ausbildung zwischen neun Monate und drei Jahre dauert – die Amerikaner hingegen bilden Hilfspolizisten in nur zwei Wochen aus. Bis Anfang 2008 sollen für Eupol insgesamt 195 internationale Experten und rund 120 Afghanen arbeiten. Jetzt sei bereits die Hälfte im Einsatz, so Eichele, „wir sind im Zeitplan“. Doch er sagt auch, es bleibt „noch viel, viel zu tun“.

Wenn in einem Land wie Afghanistan nur insgesamt 62 000 Polizisten aktiv sind, spielt in vielen Regionen die Staatsgewalt schon rein personell keine Rolle. Dass Polizisten nicht besonders gut bezahlt werden und ihre Arbeit für den Staat die örtlichen Warlords, Kriminellen oder Taliban gegen sie aufbringt, erschwert die Situation zusätzlich. Eichele sieht auch die miserable Infrastruktur als Problem für die Polizeiarbeit: Weil sich in vielen Landesteilen selbst schwere Geländefahrzeuge nur im Schritttempo über die Pisten quälen, dauert es oft zu lange, bis bei einem Einsatz Verstärkung da ist.

Dass besonders die Amerikaner die Polizeiausbildung unter deutscher Führung kritisiert hatten, hält Eichele für kein Hindernis für eine gute Kooperation. Im Gegenteil: „Ich habe gerade einige US-Generäle getroffen“, sagte er am Montag dem Tagesspiegel. „Grundsätzlich haben wir eine sehr gute Zusammenarbeit, und ich glaube, die beiden Ansätze können sich sehr gut ergänzen. Die Amerikaner haben uns angeboten, in den Provinzen weiter zusammenzuarbeiten, was wir gerne annehmen.“ Natürlich, sagt Eichele, könne „immer alles schneller gehen“. Doch den Umständen entsprechend sei er zufrieden. Die Hoffnung hat er also nicht aufgegeben? „Nein“, sagt er und muss lachen.

Auch internationale Helfer in Kabul geben sich optimistisch. Zwar wagen sich die meisten von ihnen nur noch im gesicherten Wagen auf die Straße – und laufen nicht, wie Christina M. es offenbar regelmäßig getan hat, alleine durch die Stadt. Doch wer sich an bestimmte Regeln hält, heißt es übereinstimmend, der ist relativ sicher. Nur kosten diese Schutzmaßnahmen viel Geld. Und das ist offenbar ein Grund dafür, weshalb immer mehr Organisationen ihre Projekte in Afghanistan auslaufen lassen.

Es sei aber auch wichtig, die afghanische Kultur zu respektieren, sagt der Mitarbeiter einer internationalen Organisation. Das fange schon damit an, dass man sich nicht dabei sehen lasse, wie man Alkohol trinkt. Außerdem gebe es bestimmte Orte in der Stadt, die als besonders sicher gelten. Dort könne auch ein Ausländer zum Essen gehen, ohne sich dabei gleich in Gefahr zu bringen. Der „Bar BQ Tonight“, in dem die Deutsche Christina M. gerade mit ihrem Ehemann saß, als ihre Kidnapper sie verschleppten, gehörte nicht dazu.

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