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Afghanistan-Einsatz: Isaf-Länder debattieren heftig

Nach dem Selbstmordanschlag auf deutsche Soldaten in Afghanistan ist eine öffentliche Diskussion über das Für und Wider des Einsatzes am Hindukusch entbrannt.

Madrid/New York/London - In anderen Ländern, die Soldaten entweder für die US-geführten Koalitionstruppen oder die Nato-geführte Internationale Schutztruppe Isaf stellen, waren die Reaktionen nach tödlichen Anschlägen auf eigene Soldaten unterschiedlich:

In Spanien hat der Afghanistan-Einsatz - wie in Deutschland - zu heftigen Debatten geführt; 20 Spanier sind bisher am Hindukusch ums Leben gekommen. Nach der tödlichen Attacke auf eine spanische Soldatin am 21. Februar forderte die kommunistisch geführte Vereinte Linke (IU) den sofortigen Abzug der rund 700 spanischen Soldaten, so wie es ihn seinerzeit auch aus dem Irak gegeben hatte. Es handele sich nicht mehr um einen Friedens- sondern um einen Kriegseinsatz. "Spanien unterstützt damit die von den USA betriebene Destabilisierung der Region und den Versuch, Afghanistan in ein US-Protektorat zu verwandeln", kritisierte IU-Chef Gaspar Llamazares.

Für Spanien keine Kontigent-Aufstockung

Die konservative Opposition unterstützt zwar den Einsatz, wirft der sozialistischen Regierung von Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero aber vor, die Risiken in dem Land zu verharmlosen und fordert, die Sicherheit der spanischen Truppen zu verstärken. "Unsere Streitkräfte befinden sich nicht in einer humanitären Mission, wie die Regierung uns glauben machen will, sondern in einem höchst gefährlichen Einsatz", meint der Vorsitzende der Volkspartei (PP), Mariano Rajoy.

Zapatero verteidigt den Einsatz dagegen als "Beitrag im Kampf gegen den Terrorismus und für Frieden und Stabilität" in Afghanistan und der Region. Im Gegensatz zu dem Irak-Einsatz gebe es für die Afghanistan-Mission ein UN-Mandat. Zapatero versprach, die Truppen mit modernsten Mitteln auszurüsten. Eine Aufstockung des Kontingents lehnt er aber ab.

Hat Kanada den Status des ehrlichen Vermittlers verloren?

Auch in Kanada, das inzwischen über 50 tote Soldaten in Afghanistan beklagt, hat das militärische Engagement von Anfang an für heftige Diskussionen gesorgt. Der seit fünfzehn Monaten mit einer konservativen Minderheit regierende Ministerpräsident Stephen Harper wirbt trotz des Blutzolls mit Nachdruck für den Einsatz. Umfragen zufolge schadet dies aber seiner Popularität. Die oppositionellen Liberalen werfen ihm besonders vor, sich nicht klar genug zu dem eigentlich für Februar 2009 geplanten Abzug der derzeit rund 2500 kanadischen Soldaten zu äußern.

Allerdings wird die Debatte derzeit von dem Vorwurf überlagert, von den Kanadiern an die afghanischen Behörden übergebene Gefangene seien gefoltert worden. "Kanada hat seinen Ruf als ehrlicher Vermittler verloren und wir verlieren jeden Tag unsere Jungs", schrieb ein Leser kürzlich zu einer Umfrage der Zeitung "Toronto Star". "Das ist ein sinnloses, dummes und schlichtweg verrücktes Unternehmen."

Großbritannien fordert mehr Einsatz von Deutschland

In Großbritannien hat die Bevölkerung den Einsatz von Soldaten in Afghanistan - anders als die Beteiligung ihres Landes am Irak-Krieg - bislang mehrheitlich unterstützt. Daran hat sich auch durch den Tod von bisher insgesamt 55 britischen Soldaten in Afghanistan nichts geändert.

Kritik wird in Großbritannien allerdings immer wieder an Ländern wie Deutschland und Frankreich laut, deren Soldaten aus britischer Sicht nur in vergleichsweise ungefährlichen Teilen des Landes im Einsatz sind, während die weitaus meisten der rund 5500 Briten in der äußerst gefährlichen Südprovinz Helmand mit den Taliban-Kämpfern konfrontiert sind. Auch Deutschland müsse dort mehr militärische Verantwortung übernehmen, heißt es immer wieder in britischen Medien.

"Hier, in diesem außergewöhnlichen Stück Wüste, wird die Zukunft der Weltsicherheit im frühen 21. Jahrhundert entschieden", erklärte Premierminister Tony Blair im vergangenen November bei einem Besuch der Region. Im Februar hatte London die Aufstockung seines Truppenkontingents in Afghanistan um weitere 1400 Soldaten angekündigt. Auch Blairs designierter Nachfolger, der Finanzminister Gordon Brown, unterstützt diesen Kurs. Afghanistan sei eine "wichtige Front im Kampf gegen den internationalen Terrorismus", erklärte Brown im März bei einem Besuch britischer Soldaten. (tso/dpa)

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