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Sicherheitsbehörden sichern nach einem Anschlag in Kabul den Tatort ab.

© dpa/Xinhua/Rahmat Alizadah

Update

Afghanistan: Fast 100 Tote und viele Verletzte bei Anschlag in Kabul

Der Sprengstoff steckte in einem Ambulanzwagen. Der zweite Anschlag binnen einer Woche erschüttert die afghanische Hauptstadt Kabul. Die Taliban reklamieren die Tat für sich.

Nach dem schweren Selbstmordanschlag der Taliban im Zentrum der afghanischen Hauptstadt ist die Zahl der Todesopfer auf mindestens 95 gestiegen. Das teilte der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Wahidullah Madschroh, am Samstagabend (Ortszeit) mit. 158 Menschen seien verletzt worden. Zuvor hatte der Sprecher des Innenministeriums in einer landesweit übertragenen Pressekonferenz von 63 Toten und 151 Verletzten gesprochen.

Der Attentäter war mit einem mit Sprengstoff vollgepackten Krankenwagen in eine schwer bewachte Straße hineingefahren, an der afghanische Sicherheitsinstitutionen wie Teile des Innenministeriums und Geheimdienstbüros sowie mehrere ausländische Botschaften liegen. Er habe seinen Wagen in die Luft gejagt, als Polizisten an einem Sicherheitsposten ihn als Gefahr erkannten. Ein Mitarbeiter der nahegelegenen EU-Botschaft sagte, bei ihnen habe es keine Opfer gegeben.

Die radikalislamischen Taliban reklamierten die Tat für sich. Es war der zweite schwere Talibananschlag in Kabul innerhalb nur einer Woche, nach einem 17-stündigen Angriff von sechs Taliban-Kämpfern auf das große Hotel Intercontinental am vergangenen Samstag. Dort waren mindesten 20 Menschen getötet worden, darunter eine deutsche Entwicklungshelferin.

In der Straße im zentralen Regierungs- und Geschäftsviertel Schar-e Nau liegen auch die Gesandtschaft der Europäischen Union, mehrere Botschaften, darunter die von Schweden, Indien und Indonesien, sowie das ehemalige afghanische Innenministerium, das für einige Funktionen weiter genutzt wird. Die Straße wird von beiden Seiten mit mindestens zwei Sicherheitsposten geschützt; Fußgänger dürfen nur selten tief hinein. Aber nahe dem südlichen Ende, an dem die Explosion geschah, liegt der große, immer verkehrsverstopfte Sedarat-Platz mit vielen Geschäften.

Dort liegt auch das große Jamhuriat-Krankenhaus. Ein Doktor der Klinik veröffentlichte auf seiner Facebookseite einen Hilferuf: „Wir brauchen Blut. Ärzte und Zivilisten verletzt.“

Etwas weiter entfernt - auf der anderen Seite des Sedarat-Platzes - liegt hinter hohen Sprengschutzwänden das heute nur noch selten genutzte Hauptbüro der staatlichen deutschen Entwicklungshilfsorganisation GIZ. Die GIZ hatte im Sommer wegen der steigenden Unsicherheit in Afghanistan und seiner Hauptstadt fast alle Büros in der Stadt geschlossen und war in ein Lager am Stadtrand umgezogen. Ob GIZ-Mitarbeiter oder Mitarbeiter von Botschaften beim jüngsten Anschlag zu Schaden kamen, blieb zunächst unklar.

Ein Foto, das die Rauchwolke über Kabul nach der Explosion zeigen soll.
Ein Foto, das die Rauchwolke über Kabul nach der Explosion zeigen soll.

© Twitter

"Es ist ein Massaker"

Die Explosion sei in der ganzen Stadt zu spüren gewesen, hieß es im Sender Tolo News. Bilder vom Anschlagsort zeigten von der Wucht der Detonation nackt hinterlassene Häuserfassaden mit herausgesprengten Fenstern, Türen und Ladenschildern. Auf dem mit Glassplittern und Trümmern übersäten Pflaster waren Leichen zu sehen, bedeckt und unbedeckt. Ein normalerweise gefasster Polizeisprecher schrie ins Telefon, als die Deutsche Presse-Agentur ihn kontaktierte.

Der Leiter der italienischen Hilfsorganisation Emergency, die eine Klinik für Kriegsverletzungen betreibt, schrieb auf Twitter: „Es ist ein Massaker.“ Kurz darauf konnte Emergency, das die beste Traumaversorgung in der Stadt anbietet, keine weiteren Patienten mehr aufnehmen. Bilder zeigten, wie Ärzte und Krankenschwestern die Patienten im Garten versorgten. (dpa)

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