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Afghanistan: HRW: Viel mehr zivile Todesopfer als gedacht

Nach Ansicht von Human Rights Watch kommen in Afghanistan weitaus mehr Zivilisten bei Angriffen der internationalen Truppen ums Leben als offiziell angegeben. Damit sinke auch die Zustimmung der Bevölkerung zu den Besatzertruppen dramatisch.

Die internationalen Truppen in Afghanistan stehen wegen wiederholter Angriffe mit zahlreichen Opfern unter Zivilisten in der Kritik. Die Zahl der durch Luftangriffe internationaler Truppen getöteten Zivilisten am Hindukusch habe sich in den vergangenen zwei Jahren fast verdreifacht, heißt es in einem Bericht von Human Rights Watch (HRW). Diese Entwicklung untergrabe Bemühungen, in Afghanistan für eine Verbesserung der Sicherheitslage zu sorgen. Die US-Armee kündigte die erneute Untersuchung eines Angriffs der Koalitionstruppen auf das Dorf Asisabad an, bei dem nach Angaben Kabuls und der Uno mindestens 90 Zivilisten starben.

Nach 116 getöteten Zivilisten durch Luftangriffe internationaler Truppen im Jahr 2006 habe sich die Zahl mit 321 zivilen Todesopfern 2007 nahezu verdreifacht, kritisierte der HRW-Bericht. Die internationalen Truppen und besonders die US-Soldaten müssten die "Fehler einstellen, die so viele Zivilisten töten", forderte der Asien-Beauftragte der Organisation, Brad Adams.

Unterstützung für Besatzer sinkt "dramatisch"

Zwar benutzten Aufständische wie die radikalislamischen Taliban immer wieder Zivilisten als "Schutzschilde" gegen Angriffe, die Fehler der internationalen Truppen hätten die Unterstützung der Bevölkerung für die afghanische Regierung und den Einsatz ausländischer Soldaten jedoch "dramatisch" sinken lassen, erklärte Adams. Die Untersuchungen der Vorfälle durch die internationalen Truppen kritisierte HRW als "einseitig, schwerfällig und nicht transparent".

In den ersten sieben Monaten des Jahres 2008 starben demnach bereits mindestens 173 Menschen durch Luftangriffe internationaler Truppen. In die Statistik sind noch nicht die Opfer eines Angriffs vom 22. August aufgenommen, als nach Angaben von Uno und afghanischer Regierung mindestens 90 Zivilisten bei einem US-Luftangriff auf ein westafghanisches Dorf getötet wurden. Die Koalitionstruppen gaben nach einer ersten Untersuchung an, dass bis zu 35 Taliban und "fünf bis sieben" Zivilisten ums Leben gekommen seien.

Der Vorfall solle nun erneut untersucht werden, teilte die US-Armee mit. Als neuer Beweis sei ein Video aufgetaucht, das ein Bewohner von Asisabad in der westlichen Provinz Herat mit seinem Handy von den Angriffsopfern gemacht habe, wie Isaf-Sprecher Richard Blanchette erklärte. Der Nachrichtenagentur AFP lag ein Video vor, das mindestens 30 aufgebahrte Tote, darunter mehrere Kinder, zeigt. Eine UN-Untersuchung hatte von 60 Kindern unter den Todesopfern gesprochen.

US-Armee beschießt Ziele in Pakistan

Die US-Armee feuerte nach Angaben pakistanischer Sicherheitskräfte am Montag erneut Raketen in die an Afghanistan angrenzenden Stammesgebiete ab. Dabei seien elf Menschen, darunter Frauen und Kinder, getötet worden. Zu den Todesopfern zählten den Angaben zufolge auch vier fundamentalistische Aufständische sowie ein "Ausländer", der aus einem arabischen Staat stammen soll. 25 Menschen wurden bei dem Raketenabwurf durch Drohnen in Dande Darpakhel in Nord-Waziristan verletzt. Nach pakistanischen Angaben war dies der vierte derartige Angriff in einer Woche.

Bei einem Bombenanschlag in der südafghanischen Provinz Sabul wurden sechs Menschen, darunter ein 15-jähriger Junge, getötet. Zwei weitere Menschen seien verletzt worden, als am Montag ein Kleinbus über einen Sprengsatz der Taliban gefahren sei, sagte der Gouverneur des Bezirks Naw Bahar, Sarif Chan. Nach dem Doppel-Selbstmordanschlag der Taliban am Sonntag in Kandahar stieg die Zahl der Todesopfer nach Behördenangaben von zwei auf fünf. (jvo/AFP)

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