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Afghanistan: Kritik an Kampfeinsatz der Bundeswehr

Dass Deutschland der Bitte der Nato nachkommt und eine schnelle Eingreiftruppe nach Nordafghanistan schickt, gilt als sehr wahrscheinlich. Aus dem Bundestag, der Bundeswehr aber auch aus Afghanistan werden Zweifel daran laut.

Die sogenannte Quick Reaction Force (QRF) "darf kein Türöffner für die Bundeswehr in den Süden sein", sagte der Grünen-Verteidigungspolitiker Winfried Nachtwei der "Leipziger Volkszeitung". Es sei von entscheidender Bedeutung, "dass die Bundesregierung die Einhaltung der bisherigen Mandatsgrenzen garantiert". Die schnelle Eingreiftruppe dürfe nur zur Stabilisierung und Unterstützung im Norden Afghanistans eingesetzt werden, nicht aber zur "offensiven Aufstandsbekämpfung".

Die seit längerem erwartete Bitte der Nato nach Entsendung einer schnellen Eingreiftruppe (QRF) war gestern in Berlin beim Verteidigungsministerium eingegangen. Seit Anfang 2006 stellt Norwegen diesen Kampfverband. Im Sommer will Norwegen die Verantwortung dafür aber an eine andere Nation abgeben. Im Bundestag wird fest mit einer baldigen Zusage Deutschlands gerechnet.

QRF-Soldaten sollen immer dann eingreifen, wenn Wiederaufbauteams in den Nordprovinzen des Landes militärisch unter Druck geraten. Der Kampfverband kann auch gegen Terroristen vorgehen und mögliche Evakuierungen absichern. Schnelle Eingreiftruppen der Nato verfügen über Fahrzeuge mit leichter und schwerer Bewaffnung wie Maschinengewehre, Mörsergranaten und Raketenwerfer. Zudem haben sie eigene Sanitäts- und Logistikeinheiten.

Bundeswehrmitglieder kritisieren mangelnde Ausrüstung

Erneut wurden Zweifel laut, ob die Bundeswehr die richtige Ausrüstung für einen solchen Einsatz hat. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, sieht Nachholbedarf. "Die Eingreifkräfte der Bundeswehr verfügen bisher nicht über funktionierende Geräte, mit den sie mit den Verbündeten in Afghanistan kommunizieren können", sagte er der "Passauer Neuen Presse". "Das muss schleunigst geändert werden." Es fehlten auch Gefechtsfahrzeuge, die mit dem Hubschrauber CH53 transportiert werden können.

Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, sieht ebenfalls "gravierende Ausrüstungsdefizite". So gebe es keine durchgehende, weiträumige Aufklärungskapazität zur Versorgung der Truppe mit Informationen in Echtzeit, sagte er dem Hörfunksender NDR Info. Außerdem fehle ein modernes, leistungsfähiges Führungs- und Informationssystem. Zudem mangele es an Waffensystemen, um Gegner auf größere Distanzen bekämpfen zu können.

Karsai zweifelt an Sinn von militärischer Verstärkung

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat sich unterdessen skeptisch über die geplante Verstärkung der Präsenz ausländischer Truppen in seinem Land geäußert. "Ich bin nicht sicher, ob die Entsendung weiterer Truppen die richtige Antwort wäre", sagte Karsai der Tageszeitung "Die Welt". "Für uns findet der Krieg nicht hier, sondern anderswo statt", sagte der Präsident. Wichtiger als das militärische Vorgehen gegen Terroristen sei es, sich auf die Zufluchtsstätten und Ausbildungslager zu konzentrieren.

"Afghanistan ist keine Zufluchtsstätte. Es war eine, aber wir haben es uns zurückgeholt", sagte Karsai. Mehr als alles andere brauche sein Land Hilfe beim Aufbau "unseres Humankapitals und unserer Institutionen", so Karsai. Es gehe etwa um die Armee, die Polizei, die Beamten und Richter. "Wir müssen unseren institutionellen Standard heben", sagte Karsai. (ut/dpa)

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