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Kabul: Abgeriegelt.

© AFP

Afghanistan: Ratsversammlung soll künftiges Verhältnis zu USA bestimmen

Afghanistans Präsident Hamid Karsai will eine Ratsversammlung über einen Pakt mit den USA entscheiden lassen. Die Taliban torpedieren das Vorhaben.

Der Titel klingt harmlos, aber das Abkommen hat es in sich. Seit Monaten verhandeln Afghanistans Präsident Hamid Karsai und die USA im Stillen über eine „Strategische Partnerschaft“ für die Zeit nach dem geplanten Abzug der internationalen Truppen im Jahr 2014. Die Inhalte sind so heikel, dass bisher nur wenig nach außen drang. Es geht etwa darum, ob die USA langfristig Militärbasen am Hindukusch behalten. Ob sie weiter Afghanen festnehmen und in ihre Militärgefängnisse stecken dürfen. Und vor allem: ob sie die Basen nutzen dürfen, um in Nachbarländern, etwa Pakistan, dem Iran und China, militärisch einzugreifen.

Angesichts der Brisanz hat Präsident Hamid Karsai eine Loja Dschirga, eine traditionelle Ratsversammlung, einberufen, um sich Rückhalt zu holen. 2000 Delegierte aus dem ganzen Land sollen am Mittwoch in einem Riesenzelt in Kabul zusammenkommen, um über die künftige Beziehung zu den USA zu beraten. Karsai verlangt von den USA im Gegenzug Zusagen, dass sie Afghanistans Armee und Polizei bezahlen, die nach 2014 allein die Taliban bekämpfen sollen. Afghanistan selbst fehlen dazu die Mittel.

Doch die Dschirga scheint unter keinem guten Stern zu stehen. Am Montag machte eine peinliche Sicherheitspanne Schlagzeilen und schürte die Angst vor einem Anschlag auf die Versammlung. Die Taliban ergatterten angeblich einen hochgeheimen, gemeinsamen Sicherheitsplan von der Nato und der Regierung für die Dschirga, komplett mit Namen und den echten Telefonnummern von Geheimdienstleuten. Die Taliban sagten, ein Insider habe ihnen das 27-seitige Papier zugespielt.

Zwar bestritten Nato und Afghanistans Regierung, dass das Papier echt sei. Doch im Propagandakrieg trugen die Taliban einen Punktsieg davon. Der Coup verstärkt Sorgen, dass die Militanten die afghanischen Sicherheitskräfte bis in die Spitzen hinein infiltriert haben. Möglicherweise um die Scharte auszuwetzen, meldeten afghanische Kreise wenig später, man habe den bekannten Taliban-Sprecher Zabiullah Mujahid gefasst. Die Taliban dementierten dies.

Bereits im Vorfeld der Loja Dschirga hatten die Taliban gedroht, jeden zu töten, der an der Versammlung teilnimmt. Am Montag wurde angeblich ein mutmaßlicher Selbstmordattentäter in der Nähe des für die Dschirga errichteten Zeltes erschossen. Aus Angst sagten mehrere Delegierte ihre Teilnahme ab. Dutzende andere, wie der prominente Oppositionspolitiker Abdullah Abdullah, wollen die Dschirga boykottieren, weil sie sie für undemokratisch halten. Eine Dschirga-Sprecherin betonte jedoch, dass das letzte Wort beim Parlament bleibe.

Abdullah soll den USA nahestehen. Washington könnte es gelegen kommen, wenn der Status der Dschirga untergraben wird. Die Amerikaner fürchten angeblich, dass die Delegierten ihnen die Tür weisen könnten. So warnen einige Afghanen, dass eine dauerhafte US-Militärpräsenz den Weg zu einem Frieden mit den Taliban verbaue. Die USA sollen Karsai deshalb gedrängt haben, die Dschirga zu verschieben. Nun soll sie zwar stattfinden, doch angeblich ist das Abkommen zwischen Kabul und Washington immer noch nicht fertig. Worüber die Delegierten abstimmen sollen, ist daher unklar. Die Regierung bleibt nebulös. „Wir wollen auf den Rat der Leute hören“, heißt es nur.

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