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Die radikalislamische Taliban haben die nordafghanische Provinz Kundus angegriffen.

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Update

Afghanistan: Schwerer Talibanangriff auf Kundus

Ein Jahr nachdem die Taliban die nordafghanische Provinzhauptstadt Kundus für fast zwei Wochen in ihrer Gewalt hatten, versuchen sie erneut, sie zu stürmen.

Die radikalislamischen Taliban haben in der Nacht zum Montag einen schweren Angriff auf die Hauptstadt der nordafghanischen Provinz Kundus begonnen und haben sich mit Sicherheitskräften Kämpfe am Stadtrand geliefert. Das bestätigte am Montag ein Provinzratsmitglied, Amruddin Wali. Gefechte seien in den Gegenden von Sakhil and Kahwakhana etwa 200 Meter von der Stadtgrenze entfernt im Gange. Auf beiden Seiten habe es Opfer gegeben. Der Angriff kommt fast genau ein Jahr nachdem die Taliban die Provinzhauptstadt zum ersten Mal erobert hatten.

Ende September und Anfang Oktober 2015 hatten sie Kundus-Stadt fast zwei Wochen lang in ihrer Gewalt - es war der erste große territoriale Gewinn der Islamisten seit Beginn der internationalen Intervention in 2001 und ein Schock für ausländische und die afghanische Regierung. In einigen Tagen beginnt die 11. internationale Geberkonferenz für Afghanistan in Brüssel. Die Frage, wie den Menschen im Land geholfen werden kann, während die Gewalt zunimmt, steht auf der Agenda. Ein Polizeisprecher, Mahfosullah Akbari, sagte, der Angriff habe von vier Seiten aus gegen zwei Uhr morgens begonnen. Er wies Medien-Berichte über Talibankämpfer in der Stadtmitte zurück. Sie seien nahe der Stadt und hätten sich dort in Privathäusern verschanzt. Spezialkräfte seien nun im Einsatz, und es gebe Luftunterstützung. Die Taliban seien auf der Flucht.

"Wir haben Angst rauszugehen."

Ein Bewohner des Stadtzentrums, Mohammad Omid, sagte, alle Läden und Märkte seien geschlossen, die Menschen blieben zuhause. Ein Anwohner, der näher an den Gefechten lebt und namentlich nicht genannt werden wollte, sagte: „Meine Familie und ich sind in einem Keller nur einen Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Die Taliban sind draußen vor unserem Haus und auf den Dächern der Nachbarn. Wir hören Schüsse und Jets und Helikopter. Wir haben Angst rauszugehen.“ Talibansprecher Sabiullah Mudschahid ließ per Twitter verlauten, Kämpfer hätten bisher „vier Sicherheitsposten überrannt“. Die Angaben der Taliban sind jedoch oft übertrieben.

Die Provinzhauptstadt ist seit Monaten von Aufständischen umzingelt. Die Taliban halten Gegenden in fast allen der sechs Bezirke der Provinz. Im Juli hatten die Hauptstädte von Kala-e Sal und Dascht-e Artschi erobert. Sicherheitskräfte haben sie seitdem teilweise wieder zurückerobert. In Kundus war bis Ende 2013 auch die Bundeswehr stationiert. Seit März berät wieder eine kleine Gruppe deutscher Soldaten die afghanische Armee, um einen erneuten Fall der Provinz zu verhindern. Kundus ist mit der Nordprovinz Baghlan sowie den Südprovinzen Helmand und Urusgan Hauptziel der Talibanoffensiven in 2016.

Taliban erobern Bezirk in wichtiger südafghanischer Provinz Helmand

Während des schweren Angriffs auf Kundus, ist in der wichtigen Südprovinz Helmand der Bezirk Nawa an die Islamisten gefallen. Das bestätigte am Montag ein Bezirksbeamter, der ungenannt bleiben wollte, sowie ein Senator der Provinz Helmand, Mohammad Haschem Alokosai. Die Aufständischen hätten das gleichnamige Bezirkszentrum von Nawa in der Nacht attackiert. Am Morgen seien das Gebäude der örtlichen Regierung, die Polizeiwache und der Markt in ihre Hände gefallen. Die Gefechte dauerten an. Der Polizeichef des Bezirks, Ahmad Schah Salem, sei getötet worden.

Nawa liegt nahe der Provinzhauptstadt von Helmand, Laschkargar. Die Taliban kämpfen seit Monaten um mehr Territorium in der strategisch wichtigen Provinz Helmand. Sie kontrollieren mindestens fünf der 14 Bezirke vollständig und weitere sechs teilweise. Helmand ist das Herz der milliardenschweren illegalen Opiumindustrie des Landes und eine Talibanhochburg. (dpa)

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