zum Hauptinhalt
323233_0_2f2a7e39.jpg

© epa / MOD

Afghanistan: Zivilisten sterben bei Großoffensive

Bei der Großoffensive gegen die aufständischen Taliban im Süden Afghanistans sind zwölf Zivilisten getötet worden. Zwei Raketen verfehlten ihr Ziel. Der Nato-Kommandeur entschuldigte sich bei Präsident Karsai.

Bei der Großoffensive gegen die aufständischen Taliban im Süden Afghanistans sind zwölf Zivilisten getötet worden. Zwei Raketen hätten ihr Ziel verfehlt und im Bezirk Nad Ali in der Provinz Helmand die Zivilisten getroffen, erklärte die internationale Afghanistan-Truppe Isaf am Sonntag in Kabul. Der Isaf-Oberbefehlshaber Stanley McChrystal habe bei Präsident Hamid Karsai um Entschuldigung gebeten. McChrystal hatte zuvor die Direktive ausgegeben, dem Schutz der Bürger Vorrang vor dem Kampf gegen die Rebellen einzuräumen. Anders als bisher kündigten die Truppen daher die Operation an und verteilten Flugblätter im Kampfgebiet, um die Zivilbevölkerung zu warnen. Viele Dörfer sollen bereits seit Tagen verlassen sein. Karsai seinerseits ordnete eine Untersuchung des Vorfalls an.

Internationale und afghanische Verbände hatten in der Nacht zum Samstag im Süden Afghanistans die Großoffensive „Muschtarak“ (Gemeinsam) begonnen, um die aufständischen Taliban aus der Region Mardscha, einem der größten Opium-Anbaugebiete der Welt, zu vertreiben. Der nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, James Jones, sagte in Washington, die Offensive gegen die Taliban komme „gut“ voran. Erstmals würden jetzt sämtliche Aspekte der neuen Afghanistan-Strategie Obamas zusammengefasst, sagte Jones im US-Sender CNN. Nach Einschätzung von US-Generalstabschef Mike Mullen wird die Offensive mehrere Wochen dauern; ein Ende sei schwer absehbar. Die Operation mit ihrer großen zivilen Komponente gilt als wichtige Bewährungsprobe für Obamas Afghanistan-Politik.

Am Sonntag nahmen Truppen große Teile der Stadt Mardscha ein, die bisher mit 80 000 Einwohnern die größte Stadt in Hand der Taliban war. Sporadisch kam es zu Feuergefechten. Soldaten durchsuchten Haus für Haus nach Sprengfallen. Die Taliban sollen zudem Minen gelegt haben. „Das Gebiet ist schwer vermint. Deshalb bewegen wir uns nur langsam voran”, sagte der afghanische Verteidigungsminister General Rahim Wardak.

Ziel ist es, die beiden Distrikte so schnell wie möglich militärisch zu sichern, um dann den sozialen Aufbau in den Konfliktregionen voranzutreiben. Die größten Kontingente stellen US-Marines und Briten mit je 4000 Truppen. Auch Kanadier, Dänen, Franzosen und Estländer nehmen teil. In Wellen flogen Hubschrauber zunächst Tausende Soldaten in die Kampfgebiete. Ihnen folgten Panzer und Kampfeinheiten. Am ersten Tag starben zwei Angehörige der Isaf-Truppen: Ein britischer Soldat wurde getötet, als er bei einer Patrouille in eine Sprengfalle geriet, ein US-Marineinfanterist starb in einem Feuergefecht. Laut Nato wurden bisher mindestens 27 Rebellen getötet.

Ob die neue Strategie wirklich aufgeht, wird man erst in Wochen oder Monaten wissen. Es wurde geschätzt, dass sich zwischen 400 und 1000 Militante in der Konfliktregion aufhalten. Entscheidend wird sein, ob es den Truppen gelingt, den etwa 320 Kilometer langen Streifen entlang des Helmand-Flusses dauerhaft zu sichern. Hunderte Polizisten sollen in den nächsten Tagen in die Konfliktregion gebracht werden. Anders als bislang sollen sich die Sicherheitskräfte nicht in Festungen verschanzen, sondern in kleinen Gruppen in dem Gebiet patrouillieren, um die Bürger zu schützen. Das macht sie aber auch leichter angreifbar für die Rebellen, die auf ihre Chance warten dürften, aus dem Hinterhalt zuzuschlagen.

Obama will die Zahl der US-Soldaten am Hindukusch in diesem Jahr um weitere 30 000 erhöhen, um die erstarkenden Taliban zurückzudrängen. Ziel ist es, den Süden Afghanistans zu sichern, um aus einer Position der Stärke Verhandlungen mit Teilen der Rebellen über eine friedliche Lösung zu führen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false