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© AFP

Afrika: Jacob Zuma führt den ANC

Auf dem Parteitag in Südafrika treten die Zerwürfnisse über die Führungsfrage lautstark zutage. Der neue ANC-Präsident Zuma will vermitteln.

Jacob Zuma ist zum neuen Präsidenten des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) gewählt worden. Die Wahl am Dienstag galt als Vorentscheidung über den nächsten Staatschef der größten Volkswirtschaft des Kontinents. Wie am Abend nach Auszählung der Abstimmung auf dem Parteitag in Polokwane mitgeteilt wurde, erhielt Zuma 2329 Stimmen. Thabo Mbeki, der seit 1997 Präsident des ANC war und eine weitere Amtszeit anstrebte, kam nur auf 1505 Stimmen. Damit verliert er den wichtigen Posten in der Kampfabstimmung. Auch auf den anderen fünf Führungsposten setzten sich die Zuma-Kandidaten mit ähnlichen Mehrheiten gegen die der Mbeki-Liste durch. Damit ist die Spaltung des ANC in zwei sich misstrauisch gegenüberstehende Fraktionen zementiert. Es ist nun Zumas Aufgabe – und das hat er bereits angekündigt – zwischen beiden Lagern zu vermitteln, um den ANC wieder zu einen.

Zuma steht vor allem für einen anderen Führungsstil. Mbeki hat sich immer mehr von der Basis abgekapselt und mit einem Stab von loyalen Beratern umgeben. Er feuerte ohne Konsultationen Minister und andere hohe Staatsfunktionäre oder hielt andere trotz scharfer Kritik auf ihren Posten. Zuma dagegen gilt als Mann, der zuhört und auch Widersacher einzubinden in der Lage ist. Er hatte es vor einem Jahrzehnt geschafft, in der Unruheprovinz Kwa-Zulu-Natal, wo sich ANC und die mit ihr rivalisierende Inkatha blutige Kämpfe mit Tausenden Toten und Zehntausenden Flüchtlingen lieferten, Ruhe zu schaffen. Er ging nahezu von Dorf zu Dorf und sprach dort mit Tätern und Opfern. Die Region, aus der er als Zulu stammt, ist inzwischen längst so friedlich wie der Rest des Landes.

Allerdings hat er noch einige Hürden vor sich. Als erstes muss er es schaffen, dass der tiefe Graben innerhalb des ANC zugeschüttet wird. Eine weitere Aufgabe ist die Modernisierung der Organisation, die sich noch immer an den Idealen des Anti-Apartheidkampfes orientiert und nun mit der Kampfabstimmung erstmals das Bild einer „normalen“ modernen politischen Partei bot. Das aber ist längst nicht in allen Strukturen des ANC der Fall. Es gilt, das traditionelle Bündnis mit den Gewerkschaften und der Kommunistischen Partei, das unter Mbeki kaum noch eine Rolle spielte, wieder zu beleben. Denn in eineinhalb Jahren sind Wahlen – und dafür wird deren Organisationskraft gebraucht. Und schließlich kann ihm auch noch ein Korruptionsverfahren ins Haus stehen, das die Staatsanwaltschaft nach einem bisher vergeblichen Versuch nun im kommenden Jahr anstrebt.

„Ihr seid undiszipliniert“, schimpfte der Versammlungsleiter zuvor auf die Delegierten im großen weißen Zelt auf dem Gelände der University of the North bei Polokwane. „Nein, wir sind demokratisch und wollen gehört werden“, war die Antwort aus der Menge. Dann reißen Hunderte ihre Arme hoch und drehen ihre Hände als ob sie mit ihnen in der Luft Fahrradpedale bewegen. „Dies ist unser Zeichen für Wandel, den wir wollen“, erklärt einer der Delegierten den Journalisten.

Das bekam am Eröffnungstag Thabo Mbeki zu spüren. Als er in seiner mehr als zwei Stunden langen Rede, die an Rechenschaftsberichte von Kommunistischen Parteien im einstigen Ostblock erinnerte, auf innerparteiliche Probleme zu sprechen kommt und fragt, „sind wir denn gespalten?“, rufen einige Delegierte laut: „Ja!“. Und dann setzte Mbeki leicht irritiert in seinem Manuskript fort: „Was spaltet uns?“ Und als Antwort kommt: „Du!“ Mbeki hatte seine Rede beendet, bekam Beifall von seinen Anhängern, und seine Gegner fingen an, das Lied „Gib mir mein Maschinengewehr“ zu singen. Es ist das Lieblingslied von Jacob Zuma.

Helmut Schneider[Johannesburg]

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