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Der ehemalige jugoslawische Geheimdienstchef Zdravko Mustac am Freitag in München vor dem Oberlandesgericht.

© dpa

Agentenprozess in München: Liebesgrüße aus Zagreb

In München hat am Freitag ein Prozess gegen zwei ehemalige jugoslawische Geheimdienstler begonnen. Die beiden Kroaten sollen 1983 den Mord an einem Dissidenten geplant haben, der in Deutschland im Exil lebte.

Ein wenig erinnert der Mann im Münchner Gerichtssaal in seinem dunklen Anzug, der blau-rot gestreiften Krawatte und dem ergrauten Haarschopf an den Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber. Doch als Zdravko Mustac die Kopfhörer aufsetzt, um den Dolmetscher zu hören, erinnert die Szene eher an das Haager Tribunal, das die Kriegsverbrechen aus den Zerfallskriegen Jugoslawiens aufarbeitet. Mustac und der mit ihm Mitangeklagte Josip Perkovic müssen sich seit Freitag in München allerdings für ein Verbrechen verantworten, dass viel länger zurückliegt als die jüngsten Kriege auf dem Balkan.

Mordauftrag gegen Dissidenten

1983 soll der frühere Geheimdienstchef Mustac den Mord an einem kroatischen Schriftsteller in Auftrag gegeben haben, der in Deutschland im Exil lebte. Perkovic wird vorgeworfen, die Tat geplant zu haben. Zwei oder drei bisher unbekannte Männer sollen Stjepan Djurekovic schließlich in einer Garage in Wolfratshausen aufgelauert und erschossen haben. Denn der Exilant druckte in der Garage Schriften gegen das damalige kommunistische Regime in Jugoslawien - und er soll möglicherweise auch Informationen über Waffengeschäfte und korrupte Machenschaften in Belgrad gehabt haben.

Welche Rolle spielte der BND?

Es war nicht der einzige Mordauftrag, den östliche Agenten im Westen ausführten. Der Prozess wirft damit ein Schlaglicht auf die geheimen Welten des Kalten Krieges, die bis heute nicht vollständig aufgearbeitet sind. So gibt es im konkreten Fall auch Hinweise darauf, dass das Mordopfer zeitweise im Dienst des deutschen Bundesnachrichtendienstes stand.

Die alten Seilschaften funktionieren noch

Das jahrelange Gezerre um die Auslieferung der beiden Kroaten zeigt aber auch, wie gut die alten Geheimdienstseilschaften in den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens noch immer funktionieren. Kroatien verabschiedete unmittelbar vor dem Beitritt zur EU ein Gesetz, das seine Ex-Geheimdienstler vor einer Auslieferung schützen sollte. Erst nach massivem Druck aus Brüssel und der Kürzung von Fördergeldern wurde Mustac im April 2014, neun Jahre nach Ausstellung des deutschen Haftbefehls, an Deutschland überstellt. Und Kroatien ist kein Einzelfall. Auch in Serbien sind frühere Geheimdienstler bis heute einflussreich in Politik und Wirtschaft. Josip Perkovic, der nun mit Mustac auf der Anklagebank sitzt, hat gedroht, bei einer Auslieferung werde er über illegale Waffen- und Geldflüsse im ehemaligen Jugoslawien auspacken. Das kann spannend werden.

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