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Politik: Agrarwende: Ohne die Umweltverbände?

Die Umweltverbände und die ökologischen Landbauverbände sind unzufrieden mit der neuen Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne). Zwar hat sie - ganz in ihrem Sinne - eine grundlegende Agrarwende angekündigt, doch bisher habe Künast noch keine Zeit gefunden, mit den Umweltverbänden darüber zu diskutieren, kritisiert der WWF.

Die Umweltverbände und die ökologischen Landbauverbände sind unzufrieden mit der neuen Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne). Zwar hat sie - ganz in ihrem Sinne - eine grundlegende Agrarwende angekündigt, doch bisher habe Künast noch keine Zeit gefunden, mit den Umweltverbänden darüber zu diskutieren, kritisiert der WWF. Bioland bemängelt, dass es noch immer keine Ansprechpartner im Landwirtschaftsministerium gebe, um den ökologischen Landbau voranzutreiben. Deshalb haben die Umweltverbände Ende vergangener Woche einen besorgten Brief an die neue Ministerin geschrieben.

"Wir sind schon etwas enttäuscht", sagt der WWF-Landwirtschaftsexperte Hilmar Freiherr von Münchhausen. Er fürchtet, dass "auch Renate Künast die Umweltverbände als Akteure der Agrarwende nicht allzu ernst nimmt". Dabei "könnten wir Renate Künast ein über die Jahre gewachsenes Know-how zur Verfügung stellen", sagt Münchhausen. Er wundert sich aber auch über die Grünen. Die profilierten Agrarpolitiker der Partei seien derzeit mehr damit beschäftigt, sich gegenseitig zu demontieren, anstatt ernsthaft darüber zu diskutieren, was sie unter einer Agrarwende verstehen.

Für den Bioland-Vorsitzenden Thomas Dosch ist der Mangel an Ansprechpartnern im Ministerium jedoch das größte Problem. Rund 1000 Bauern haben bei seinem Verband Interesse an einer Umstellung zum Öko-Landbau bekundet. Die Anfragen von Verarbeitern oder dem Handel würden ausreichen, um statt 32 000 Schweine jährlich noch 100 000 mehr zu erzeugen. Allein es mangelt an Unterstützung aus Berlin. Die Verbände allein sind zu schwach, um den Boom, "den auch Renate Künast ausgelöst hat", wie Dosch sagt, zu bewältigen. Dosch kritisiert offen, dass "auf Arbeitsebene noch wenig Taten" zu finden seien.

Dieser Tatsache kann Michael Lohse, Pressesprecher des Deutschen Bauernverbands (DBV) schon mehr abgewinnen, auch wenn er das nie so sagen würde. Das Augenmerk seines Verbandes liegt jedoch ohnehin mehr bei der aktuellen Krisenbewältigung. Für eine grundlegende Wende in der Landwirtschaftspolitik sieht Lohse keine Notwendigkeit. "Wir haben schon immer gesagt, dass wir in der bäuerlichen Landwirtschaft die Zukunft sehen. Deshalb waren wir auch gegen die europäische Agrarreform Agenda 2000", sagt er. Zudem rechnet er nicht damit, dass die Verbraucher tatsächlich eine dauerhafte Wende in der landwirtschaftlichen Produktion wollen. Schließlich habe es schon eine Vielzahl von Versuchen gegeben, den Anteil der ökologisch erzeugten Lebensmittel zu erhöhen. "Bisher haben uns die Verbraucher dabei immer enttäuscht", sagt Lohse. "Letztlich entscheidet der Markt."

Ob sich durch Renate Künast tatsächlich so viel in der Agrarpolitik verändere, hänge zudem vor allem davon ab, ob es ihr gelinge, diese Reformen auch international zu verankern. Dabei geht es Lohse nicht nur um die Europäische Union, sondern vor allem um die anstehenden Verhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO). "Auch Produkte aus der Dritten Welt dürfen unsere Sozial- und Umweltstandards nicht unterlaufen", verlangt Lohse. Die Agrarwende solle also - wenn schon - weltweit in Gang gesetzt werden. Und bis das so weit ist, kann sich der Bauernverband getrost zurücklehnen.

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