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Aids-Skandal: Libyen verschiebt Entscheidung über Todesurteile

Für vier in Libyen im Zuge eines Aids- Skandals zum Tod durch Erschießen verurteilte bulgarische Krankenschwestern geht das zermürbende Warten weiter.

Tripolis/Sofia - Das Oberste Gericht in der libyschen Hauptstadt Tripolis verschob am Dienstag erneut die Urteilsverkündung im Berufungsverfahren gegen die Bulgarinnen und einen palästinensischen Arzt. Die EU begrüßte die Entscheidung. Die bulgarische Regierung forderte, das Gericht müsse «die überzeugenden Beweise» für die Unschuld der Krankenschwestern berücksichtigen. Gleichzeitig äußerte sie sich besorgt über den Gesundheitszustand der Krankenschwestern nach fast neun Jahren Haft.

Den neuen Termin für die Urteilsverkündung setzte das Oberste Gericht in Tripolis, das seine Entscheidung bereits mehrfach verschoben hatte, für den 31. Januar kommenden Jahres an. Ein Gericht in Bengasi hatte die Fünf am 6. Mai 2004 für schuldig befunden, für ein Experiment mehr als 400 libysche Kinder in einem Krankenhaus der Stadt absichtlich mit dem HIV-Virus infiziert zu haben. Rund 50 der insgesamt 426 Kinder sollen mittlerweile gestorben sein.

Die bulgarische Regierung, die EU und die USA haben zu Gunsten der fünf Verurteilten interveniert. Internationale Experten vermuten schlechte Hygieneverhältnisse in dem Krankenhaus in Bengasi als Ursache für die HIV-Infektionen. Geständnisse der Bulgarinnen sollen angeblich unter Folter erzwungen worden sein.

Vor dem Gericht in Tripolis protestieren aufgebrachte Angehörige der Opfer des Krankenhausskandals gegen die Aufschiebung der Urteilsvollstreckung und warfen Steine und leere Flaschen auf das Gerichtsgebäude. In einem friedlichen Protest an der libyschen Botschaft in Sofia demonstrierten derweil Angehörige der Krankenschwestern für deren Freilassung ein.

Bulgarien will seine Bemühungen für eine «günstige Lösung» fortsetzen, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Dimitar Zantschew. Die seit Februar 1997 inhaftierten Frauen seien «an der Grenze ihrer physischen und psychischen Kräfte». Der bulgarische Präsident Georgi Parwanow sprach sich für eine Übereinkunft mit Libyen aus, die eine Heimkehr der Krankenschwestern ermöglichen würde. Der Bulgarien-Berichterstatter im EU-Parlament, Geoffrey van Orden, erklärte, die internationale Gemeinschaft werde ihren Druck auf Revolutionsführer Muammar el Gaddafi aufrechterhalten.

EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner sagte in Brüssel, sie setze darauf, «dass das libysche Justizsystem zeigt, dass die Gerechtigkeit siegt». Es stünden heute neue Verfahren zur Verfügung, um die Richtigkeit der erhobenen Beschuldigungen zu überprüfen. Nach Meinung westlicher Gutachter wurden die Kinder teils bereits mit Aids infiziert, bevor die Bulgarinnen nach Libyen gereist waren. (tso/dpa)

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