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Politik: Airbus abgefahren

Ein einziger Satz brachte das Verteidigungsministerium und Rudolf Scharping in neue Bedrängnis. Es ist ein langer und auf den ersten Blick komplizierter Satz.

Ein einziger Satz brachte das Verteidigungsministerium und Rudolf Scharping in neue Bedrängnis. Es ist ein langer und auf den ersten Blick komplizierter Satz. "Für den Fall, dass Deutschland die parlamentarische Zustimmung für den verbleibenden Differenzbetrag nicht erhält, wird Deutschland allein alle hieraus resultierenden, in den internationalen Vereinbarungen im Vertrag festgelegten Konsequenzen tragen." So lautet der Satz. Er steht, im englischen Original und in deutscher Übersetzung, in einem "side letter", einem Begleitschreiben. Dieser Brief ging am 6. Februar vom Verteidigungsministerium ans Finanzministerium, das ihn als Vorlage an den Haushaltsausschuss des Bundestages weiterleiten soll. Der Ausschuss soll ihm zustimmen.

Soweit das Procedere. Der Inhalt ist, was das Thema heikel macht. "Verbleibender Differenzbetrag": Das sind die 3,5 Milliarden Euro, die Scharping derzeit zur Finanzierung der georderten 73 Militärtransporter vom Typ Airbus A 400 M fehlen. Im Haushalt 2002 stehen nur 5,1 Milliarden für 40 Maschinen. Das Geld für die darüber hinaus gewünschten 33 Transporter soll erst noch bewilligt werden. Eben deshalb hat der internationale Vertrag der acht europäischen Nationen auf deutscher Seite einen Parlamentsvorbehalt. Bekanntlich resultierte hieraus im Januar ein heftiger Streit: Darf Scharping Geld ausgeben, das er noch gar nicht hat? Natürlich nicht. Nun hatten die Partnerländer Berlin eine Frist bis zum 31. Januar gesetzt, um den Parlamentsvorbehalt auszuräumen und die Order damit rechtsverbindlich zu machen. Der Bundestag beschloss am 24. Januar, den politischen Willen zu bekunden, das fehlende Geld im nächsten Haushalt bereitzustellen. Das Verfahren war ein Novum und landete prompt vor dem Karlsruher Verfassungsgericht. Dort wurde der Streit entschärft, indem Scharping versicherte, die Finanzhoheit des Bundestages strikt zu achten.

Und nun der Satz. Er begleitet die Vorlage, die nun bis zum 31. März genehmigt werden soll. Das große Problem bei der Sache: Es sieht aus, als setze Scharping das Parlament unter Druck, indem er den Partnern das Recht auf Schadenersatz zubilligt, falls Deutschland doch nicht alle 73 Maschinen finanziert. Die Opposition wütet: Erneut werde das ausschließliche Recht des Parlaments, Gelder zu bewilligen, untergraben.

Verteidigungs-Staatssekretär Walther Stützle betonte, es habe "vorher eine mündliche Verständigung" zwischen Verteidigungs- und Finanzministerium gegeben. "Es gibt zwischen dem Finanzministerium und uns nicht den geringsten Dissens." Bedauerlicherweise werde mit dem Airbus-Hickhack eine "erstrangige industriepolitische Entscheidung" zerredet. "Alles reduziert sich auf die Frage: Vertrauen unsere Partner auf eine politische Zusage?", meinte Stützle. Das, was Scharpings Ministerium nicht gern als Schadenersatz-Zusage bewertet wissen will, beschreibt Stützle so: "Jeder Vertragspartner haftet für die ökonomischen Nachteile, die durch Veränderungen der Bestellungen entstehen." Dies zu unterschreiben sei "haushaltsrechtlich und verfassungsrechtlich völlig unbedenklich".

Unions-Haushälter Dietrich Austermann sieht es anders. Zu "seinem Entsetzen" habe er gelesen, dass Deutschland ein Ausfallrisiko trage. "Das ist unverantwortlich, das ist Verschleudern von deutschem Steuergeld und zeigt, dass Scharping immer noch nicht dabei ist, zu akzeptieren, dass das Parlament lediglich 5,1 Milliarden Euro für rund 40 Maschinen bewilligt hat". FDP-Chef Guido Westerwelle meinte über den Minister: "Der kann es nicht." Austermann überlegt, ob die Union ein zweites Mal in Sachen Airbus-Finanzierung vor das Bundesverfassungsgericht ziehen soll.

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