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Zeitung vor Gericht. „Sabah“ wird im Internet dafür beschimpft, dass sie Verfassungsbeschwerde gegen die Sitzplatzvergabe beim NSU-Prozess eingelegt hat.

© dpa

Akkreditierung für den NSU-Prozess: Eine Sache von Minuten

Im Streit um die Presseplätze im NSU-Prozess werden immer neue Details bekannt. Die türkische Zeitung "Sabah", die Beschwerde beim Verfassungsgericht eingelegt hat, sieht darin eine Ungleichbehandlung deutscher und nicht deutscher Medien.

Von Frank Jansen

Bei dem umstrittenen Verfahren zur Akkreditierung für den NSU-Prozess hat das Oberlandesgericht München die türkische Zeitung „Sabah“ offenbar später als andere Medien informiert. Das geht aus der Verfassungsbeschwerde der „Sabah“ gegen die Vergabe von Sitzplätzen im Gerichtssaal hervor, der die entscheidende Mail des OLG vom 5. März beigefügt ist. Demnach erreichte das Schreiben zu den „Bedingungen der vom Senat angeordneten Akkreditierung“ erst um 9.15 Uhr den stellvertretenden Chefredakteur der Europa-Ausgabe der „Sabah“, Ismail Erel. Die Pressestelle des OLG hatte die Mail jedoch an zahlreiche andere Medien bereits um 8.56 Uhr geschickt. 19 Minuten später seien bereits Anträge von 39 Journalisten beim OLG eingegangen, hieß es am Dienstag in Justizkreisen. Das OLG äußerte sich nicht.

Die Verspätung ist ein Anlass für die türkische Zeitung, mit einer Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht die Sitzplatzvergabe des OLG anzufechten. „Sabah“ hat, wie andere türkische Medien auch, keinen der für Journalisten reservierten 50 Sitzplätze im Saal A 101 des Münchener Gerichts bekommen. Erel moniert zudem, das OLG habe ihm trotz früherer Anfragen nicht mitgeteilt, dass am 5. März das Akkreditierungsverfahren beginne. Deshalb habe er auch erst einen Tag später die Mail des Gerichts gesehen. Der Antrag von „Sabah“ ging am 6. März um 11.59 Uhr beim OLG ein. Aus Sicht der Zeitung ist das Verhalten der Münchener Richter eine „Ungleichbehandlung“ deutscher und nicht deutscher Medien.

Das OLG soll die Sitzplatzvergabe aussetzen, bis Karlsruhe entschieden hat

Verbunden mit der Verfassungsbeschwerde beantragt „Sabah“ eine einstweilige Anordnung. Dem OLG soll auferlegt werden, die Sitzplatzvergabe für den NSU-Prozess auszusetzen, bis in Karlsruhe über die Beschwerde entschieden ist. Sollte das Bundesverfassungsgericht dem Antrag bis zum 16. April stattgeben, müsste der für den folgenden Tag geplante Beginn der Hauptverhandlung in München verschoben werden.

Für „Sabah“ hat die Beschwerde bereits unangenehme Folgen. Die Zeitung wird massiv beschimpft, seitdem in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass sie eine Verfassungsbeschwerde einlegt. Die Klage sei „eine Frechheit von ihrer Seite“ ist ein noch vergleichsweise moderater Beitrag eines Users auf der Website der deutschen Ausgabe von „Sabah“. Laut Erel sind hunderte diffamierende Zuschriften eingegangen. „Sabah“ wird aber auch in vielen Kommentaren unterstützt.

Eine weitere Verfassungsbeschwerde wollte das „Pressebüro Karlsruhe“ am Dienstag einreichen. Die Journalisten, die feste Plätze beim NSU-Prozess haben, halten dennoch das Akkreditierungsverfahren für rechtswidrig.

Die Bundesregierung teilte am Dienstag mit, sie habe den Angehörigen der vom NSU Ermordeten und den Opfern, die überlebten, inzwischen knapp eine Million Euro gezahlt.

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