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Die "Non"-Sagerinnen: Annegret Kramp-Karrenbauer (l.) und Bundeskanzlerin Angela Merkel.

© dpa

AKKs Europa-Vorschläge: Ein Affront nach dem anderen für Macron

Merkel hat auf Macrons Europa-Ideen kühl reagiert, von Annegret Kramp-Karrenbauer bekommt er ein "Nein" postwendend. So macht man Europa kaputt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Geht es noch schlimmer? Ausgerechnet der französische Staatspräsident, der Deutschland wie kein Zweiter zugetan ist, der sogar eine Liebeserklärung im Bundestag abgegeben hat, was es so noch nie, nie gab – ausgerechnet der erfährt mit europapolitischen Plänen in der Tradition großer deutscher Kanzler eine Abfuhr nach der anderen. Aus Deutschland. Jetzt durch die Kanzlerin in spe, Annegret Kramp-Karrenbauer, gebürtig aus dem Saarland, das mit Frankreich verbunden ist wie kein zweites Bundesland.

Bewundernswert, dass Emmanuel Macron, Vertreter der stolzen Grande Nation, die so viel wert auf Formen legt, so reagiert: Er düpiert durch eine geradezu eiserne Höflichkeit. Doch wenn das Verhalten der inoffiziellen Doppelspitze Angela Merkel/Annegret Kramp-Karrenbauer quasi der offizielle deutsche Stil sein soll – dann braucht sich kein Deutscher Hoffnungen zu machen, nach der Wahl die nächste EU-Kommission zu führen. Mit zu vielen verderben es sich die in Europa ohnehin schon als zu mächtig geltenden Deutschen in diesen Monaten.

Vergessen alle die großen Worte von früher

Das gilt von Ost bis West in diesem Bündnis. Wenden sich nun aber noch die wenigen Freunde, unter ihnen der wichtigste, Frankreich, als Verbündete in allen strategischen Fragen ab, darf sich keine Bundesregierung wundern. Auch Deutschland kann isoliert werden. Am Rande: Was sagt zu alledem eigentlich der Außenminister?

Vergessen alle die großen Worte von früher. Frei nach einem alten Bundeskanzler: Was schert mich mein Geschwätz von gestern. Gestern noch wollte Merkel, dass die Kommission so etwas wie die europäische Regierung wird. Gestern noch trat sie dafür ein, dass der europäische Rat so etwas wird wie die zweite Kammer. Und gestern noch wollte sie, dass das EU-Parlament für europäische Zuständigkeiten eintritt. Heute sagt sie: gar nichts.

Nach lächelndem Desinteresse an allen vorangegangenen Versuchen Macrons, die deutsche Regierung zu seiner Partnerin zu machen, jetzt also das. Ein Affront folgt auf den anderen. Auf den Präsidenten Frankreichs antwortet nämlich – die CDU-Vorsitzende. Was Annegret Kramp-Karrenbauer alles nicht will, ist das, was Macron will: ein stärkeres Europa, einen stärkeren europäisch organisierten Schutz Europas nach innen und außen, eine Europäisierung des Handels, eine Europäisierung der Sozialsysteme und des Mindestlohns. Dabei geht es nicht um bloße Parteipolitik.

Wie weiter? Und mit wem?

Und dann die wabernde Unterstellung, Macron tue das alles nur wegen der Europawahl! Das ist kein Argument, sondern eine Blamage. Denn für gewöhnlich sollte es so sein, dass im Blick auf Wahlen die Beteiligten der Öffentlichkeit vorstellen, wofür sie gewählt werden wollen. Das nennt sich Politik. Die Wochen bis zur Europawahl werden auf diese Weise zu Schicksalstagen für Europa. Wie weiter? Und mit wem? Die Briten weg, die Deutschen und die Franzosen entzweit, die Italiener auf dem Weg nach rechts, von Ungarn und anderen zu schweigen.

Geht es noch schlimmer? Kann sein. Kann sein, dass Helmut Kohl, der europäische Ehrenbürger, der Vorgänger Merkels im Kanzleramt, doch noch recht bekommt mit seiner bitteren Prophezeiung: Die macht mir mein Europa kaputt. Und was Merkel nicht schafft, das schafft dann Annegret Kramp-Karrenbauer? Wenn sie so weitermacht.

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