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Der Dow Jones Index (DJI) gab am Montag weiter kräftig nach.

© Reuters

Update

Aktienmärkte: Dax und Dow Jones verlieren fünf Prozent

Für Montag wurde der totale Kursabsturz an den Börsen erwartet. Und es kam schlimm: Dax und Dow Jones gaben jeweils um rund fünf Prozent nach. Doch es hätte sogar noch heftiger kommen können.

An der Börse kommt es meist anders, als man denkt. Das macht den Reiz und das Risiko des Aktienmarktes aus. Und es zeigt, dass Investoren oft anders auf schlechte Nachrichten reagieren als Kleinanleger, Politiker oder Boulevardzeitungen glauben. Am Montag war die Welt auf einen Crash an den Börsen vorbereitet, nachdem die Ratingagentur Standard&Poor’s (S&P) am Sonnabend den USA ihre Bestnote „AAA“ entzogen hatte. Doch der „Schwarze Montag“ fand nicht statt. Sehr dunkelgrau war er allerdings: Der Dax rutschte – nach einem kleinen Gewinn am Morgen – am neunten Tag in Folge um weitere fünf Prozent auf 5923 Zähler ab. An so vielen Tagen in Folge verlor der Deutsche Aktienindex zuletzt im September 1990. Das Minus der vergangenen Tage summiert sich auf fast 20 Prozent. Das ist der größte Kursrutsch seit den Turbulenzen nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers 2008.

Doch Pessimisten hatten nach dem Downgrade der USA noch Schlimmeres erwartet. Zwar stürzte der Dow-Jones-Index an der Wall Street um 5,5 Prozent auf 10 810 Zähler ab, aber US-Staatsanleihen waren trotz der S&P-Herabstufung gefragt: Investoren verlangten am Montag beim Kauf von amerikanischen Schuldpapieren sogar etwas weniger Rendite als am Freitag.

Lesen Sie auf Seite 2, wer oder was die Finanzmärkte beruhigt hat.

Der Dax auf dem Weg nach unten, aber nicht so weit wie befürchtet.
Der Dax auf dem Weg nach unten, aber nicht so weit wie befürchtet.

© dpa

Wer und was haben die Lage an den Finanzmärkten beruhigt?

Als sich um kurz nach 9 Uhr am Montag bei Händlern und Analysten die Nachricht verbreitete, dass die Europäische Zentralbank (EZB) italienische und spanische Anleihen kauft, erholten sich an Europas Börsen die Aktienkurse. In Rom und Madrid lagen die wichtigsten Indizes sogar zeitweise im Plus. Auch der Euro gewann im Vergleich zum Dollar an Wert. Die Renditen der Staatsanleihen aus den beiden Krisenländern fielen deutlich – ein sicheres Zeichen für eine Entspannung. Aber auch bei den Staatsanleihen aus den übrigen hoch verschuldeten Staaten der Eurozone zeigte sich bei den Risikoaufschlägen eine deutliche Beruhigung. EZB-Chef Jean-Claude Trichet hatte am Sonntagabend bereits angedeutet, dass die Notenbank eingreifen wolle. In einer Telefonkonferenz mit den Mitgliedern des EZB-Rats fiel die Entscheidung, Anleihen aus Spanien und Italien zu kaufen. Trotz aller Kritik am Prozedere und aller Sorgen, die EZB könne zur gigantischen „Bad Bank“ Europas mutieren, wurde die Hoffnung der Marktteilnehmer, dass die EZB als Feuerwehr den Schuldenländern zur Hilfe eilen würde, also nicht enttäuscht

Nach den politischen Beschlüssen des EU-Gipfels im Juli sind die Märkte ungeduldig: „Die einzigen, die rasch und mit theoretisch unbegrenzten Mitteln eingreifen können, sind die Notenbanken“, sagte Commerzbank-Analyst Bernd Weidensteiner. Bislang hat die Notenbank bereits griechische, irische und portugiesische Bonds in Milliardenvolumen aufgekauft. Nach Ansicht von Berenberg- Bank-Chefvolkswirt Holger Schmieding zeigt die Notenbank, dass sie bereit ist, alles Nötige zu tun, um die Krise in den Griff zu bekommen.

Aus Sicht der Bundesregierung war es das gemeinsame Handeln von Europa und der Weltgemeinschaft, das einen Totalabsturz an den Märkten verhinderte. Deutschland und Frankreich, die EZB, die G-7- und G-20-Staaten seien mit ihren Erklärungen zur Krise koordiniert vorgegangen, sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans. Vertreter der sieben führenden Industriestaaten (G7) hatten erklärt, sie würden alles Nötige tun, um die Märkte zu stabilisieren. „Ich glaube, dass Sie einen eindrucksvollen Beleg haben, dass die in Europa und teilweise auch weltweit Handelnden mit einer sehr deutlichen und einheitlichen Stimme sprechen“, sagte Steegmans.

Dass die Positionen tatsächlich nicht so einheitlich sind, wenn es zum Beispiel um die Ausweitung des europäischen Rettungsschirms EFSF geht, sorgte am Montag aber für erhebliche Irritationen. Nach den Worten des französischen Finanzministers François Baroin soll der Schirm bei Bedarf aufgestockt werden. „Es werden 440 Milliarden Euro bereitstehen und wir haben bereits gesagt, wir gehen darüber hinaus, wenn es nötig ist“, sagte Baroin in einem Radio-Interview. Die Bundesregierung sieht hingegen keinen Spielraum, um die finanzielle Ausstattung des EFSF zu verbessern. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die EZB die aufgekauften Schuldenpapiere später an den Euro-Rettungsfonds EFSF weiterreichen könne, sobald dieser mit einem neuen Mandat zum Aufkauf von Staatspapieren ausgestattet sei, sagte Vize-Regierungssprecher Steegmans. Die deutsch-französische Erklärung vom Vorabend gehe inhaltlich nicht über die Beschlüsse des Euro-Gipfels hinaus. Die Reaktion des Aktienmarktes auf diese Unstimmigkeit folgte am Montag prompt: Der Dax gab deutlich nach, auch der Euro verlor.

Doch von Panik konnte keine Rede sein. Auch auf dem Derivatemarkt, wo Investments in bestimmte Zertifikate positive oder negative Markttrends schnell verstärken, trat der „Weltuntergang“ nicht ein, wie ein Händler an der Terminbörse Euwax sagte. Anleger, die am Freitag auf steigende Kurse gesetzt hätten, zögen sich zwar zum Teil wieder zurück. „Aber das passiert ruhig und diszipliniert. Die befürchteten Panikverkäufe sind ausgeblieben.“ Experten erklärten die Gelassenheit auch damit, dass die Finanzmärkte nach dem Downgrade der USA zwar Neuland beträten, die Herabstufung aber nicht überraschend gekommen sei. „Die Herabstufung spiegelt Tatsachen wider, die dem Markt seit einiger Zeit wohlbekannt waren“, kommentierte Blackrock, einer der größten Vermögensverwalter weltweit. Man habe sich auf die Möglichkeit einer Herabstufung vorbereitet und sehe „keine Notwendigkeit zu Zwangsverkäufen“. Starinvestor Warren Buffett schreckt die Aberkennung der Spitzenbonität der USA ebenfalls nicht. Seine Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway investiere nach wie vor in US-Staatsanleihen, sagte Buffett im Fernsehsender CNBC.

Lesen Sie auf Seite 3, wie groß das Risiko ist, dass es doch noch zu einem großen Crash kommt.

Wie groß ist jetzt das Risiko, dass es doch noch zu einem großen Crash kommt?

.Die Lage an den Finanzmärkten bleibt extrem angespannt. Gemessen an den Kursschwankungen, die Anleger in den kommenden Wochen erwarten, ist die Situation ähnlich angespannt wie zuletzt im Frühsommer 2010. Vor allem die Schuldenkrise in der Eurozone hat das Vertrauen der professionellen Anleger in die konjunkturelle Entwicklung erschüttert. Der am Montag veröffentlichte Sentix-Index sackte im August drastisch ab. „Der Abschlag ist historisch hoch“, sagte Sentix-Geschäftsführer Patrick Hussy. Die Investoren bewerteten sowohl die Lage als auch die Aussichten für die kommenden Monate schlechter als zuletzt.

Auch die Situation an den US-Märkten bleibt höchst angespannt – dies gilt auch für den am Montag entspannten Anleihemarkt. So sind etwa die Kosten für Kreditausfallversicherungen gestiegen. Diese zahlen Geld, falls der Gläubiger – also die USA – zahlungsunfähig ist. Die sogenannten Credit Default Swaps (CDS) stiegen am Montag auf 57,55 Basispunkte. Das heißt, ein Besitzer von US- Staatsanleihen im Wert von zehn Millionen Euro muss für die Versicherung dieser Summe gegen einen Zahlungsausfall 57 550 Dollar zahlen.

Für zusätzliche Nervosität sorgte am Montag ein neuer Name auf der Liste der Schuldenländer: Frankreich. Die Absicherung eines zehn Millionen Euro schweren Pakets französischer Staatsanleihen per CDS verteuerte sich auf ein Rekordhoch von 160 000 Euro. „Kern-Europa“ rücke nach dem S&P-Urteil für die USA in den Kreis möglicher Abstiegskandidaten, schrieben Analysten. Frankreich stehe an der Schwelle zur Herabstufung, und der Druck wachse..

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