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Aktivisten drangen auf das Gelände von Datteln 4 vor.

© Ina Fassbender/AFP

Update

Aktion von „Ende Gelände“ beendet: Aktivisten besetzten neun Stunden lang Kohlekraftwerk in Datteln

In NRW soll im Sommer ein Kohlekraftwerk in Betrieb gehen. 120 Klimaaktivisten besetzten das Gelände am Sonntag. Der Betreiber stellte Strafanzeige.

Mehr als hundert Umweltaktivisten haben am Sonntag aus Protest gegen das Kohleausstiegsgesetz der Bundesregierung stundenlang das Steinkohle-Kraftwerks Datteln 4 besetzt. Laut Polizei stießen etwa 120 Menschen auf das Gelände vor, sie brachen dafür ein Zugangstor auf. Die Aktivisten bezeichneten das noch nicht ans Netz genommene neue Steinkohlekraftwerk Datteln IV als "finalen Sargnagel für Klimagerechtigkeit". Der Betreiber stellte Strafantrag wegen Hausfriedensbruch.

Nach Angaben der Polizei befanden sich auch am Sonntagnachmittag weiter 120 Menschen widerrechtlich auf dem Kraftwerksgelände. In Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Bochum werde von allen Protestierenden die Identität festgestellt.

Am späten Nachmittag erklärten die Organisatoren die neunstündige Aktion dann für beendet, nachdem die Polizei mit der Räumung begann. „Wir feiern die heutige Aktion als riesigen Erfolg´“, erklärte Daniel Hofinger, Pressesprecher des Bündnisses Ende Gelände.

Aktivisten waren am Sonntag auf das Gelände im Ruhrgebiet vorgedrungen und besetzten Teile der Anlage. Die mehr als 100 Personen entrollten Transparente auf zwei Verladeanlagen. Der Polizei Recklinghausen zufolge gelangten die Aktivisten gewaltsam auf das Gelände. Ein Tor sei aufgebrochen worden.

Datteln 4 gehört dem Energiekonzern Uniper

Aufgerufen zu dem Protest hatten die Aktionsbündnisse „Ende Gelände“ und „DeCOALonize Europe“. Ihren Angaben zufolge sind rund 150 Aktivisten auf dem Gelände. Die Polizei sprach von 120. Sie sondierte die Lage zunächst mit einem Hubschrauber und zog „starke Kräfte“ zusammen. „Bislang ist alles friedlich. Ich hoffe, das bleibt so“, sagte eine Polizeisprecherin vor Ort.

Gegen 8 Uhr habe sich die Gruppe Zugang zum Betriebsgelände verschafft. Das 1100-Megawatt-Kraftwerk soll entgegen der Empfehlung der Kohlekommission noch im Sommer dieses Jahres ans Netz gehen. Das Kraftwerk liegt am Dortmund-Ems-Kanal.

Datteln 4 gehört dem Energiekonzern Uniper und soll im Sommer in Betrieb genommen werden. Das Kraftwerk soll dann bis 2038 laufen.

Uniper steht wie der Rivale RWE in der Kritik von Umweltschützern. Die ehemalige Eon-Kraftwerkstochter hatte 2018 rund 59,5 Millionen Tonnen CO2 in die Luft geblasen, RWE etwa doppelt soviel.

Uniper stellt Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs

Uniper stellte am Sonntag Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs. Gegen friedlichen Protest sei nichts einzuwenden, sagte ein Unternehmenssprecher am Sonntag. „Straftaten wie Hausfriedensbruch oder die Beschädigung von Privateigentum sowie andere Aktionen, die die Sicherheit unserer Mitarbeiter oder die Funktionsfähigkeit unserer Anlagen gefährden, können wir nicht dulden“, sagte der Sprecher. Hausfriedensbruch wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Der gerade vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf für den Kohleausstieg sieht vor, bis spätestens Ende 2038 die Kohleverstromung zu beenden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (beide CDU) sind der Ansicht, dass es sinnvoller sei, im Gegenzug ältere und schmutzigere Steinkohlekraftwerke früher abzuschalten. Altmaier sprach zuletzt von einem "Durchbruch für deutlich mehr Klimaschutz". Zudem werde die Versorgungssicherheit gewährleistet und die betroffenen Regionen erhielten milliardenschwere Hilfen für den Strukturwandel.

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„Wir können es nicht zulassen, dass mit Datteln 4 ein neues Steinkohlekraftwerk ans Netz geht. Wir rasen gerade auf eine Welt vier bis sechs Grad heißer zu. Wir müssen alle Kohlekraftwerke abschalten und kein neues anschalten“, sagte eine Sprecherin von „Ende Gelände“ am Sonntag. Datteln 4 wäre „der finale Sargnagel für Klimagerechtigkeit“.

Die Gruppe war bereits federführend bei der Besetzung des Hambacher Forstes. Unter den Besetzern in Datteln seien auch einige aus dem Hambacher Wald, sagte sie. Bereits vor rund einer Woche hatten rund 350 Menschen in Datteln protestiert. Aufgerufen zu der Demonstration unter dem Motto „Datteln 4? Nicht mit mir!“ hatten die Klimabewegung „Fridays for Future“ sowie andere Organisationen.

Das Bundesumweltministerium widersprach der Kritik der Aktivisten: Datteln IV werde nicht zu Mehremissionen führen, erklärte ein Sprecher. "Die Mehremissionen von Datteln IV werden ausgeglichen. Dafür müssen zusätzliche Steinkohle-Kapazitäten stillgelegt werden."

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte die Inbetriebnahme des Kraftwerks jüngst als "schmerzhaften" Teil des Kohleausstiegs bezeichnet, aber auch darauf verwiesen, dass die Mehremissionen ausgeglichen werden. (dpa, AFP, Reuters)

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