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Akw-Laufzeiten: 12 Jahre länger im Schnitt

Die Koalition hat sich auf eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke verständigt. Ältere Akw sollen acht Jahre zusätzlich am Netz bleiben, jüngere 14 Jahre. Die Steuer für die Konzerne wird befristet.

Berlin - Die Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland sollen nach Alter gestaffelt verlängert werden. Das hat der Atomgipfel bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am späten Sonntagabend nach knapp zwölfstündigen Verhandlungen im Kanzleramt beschlossen. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) bestätigte kurz vor Mitternacht, dass die Atomkraftwerke in zwei Gruppen eingeteilt werden sollen. Die sieben Anlagen, die vor 1980 ans Netz gegangen sind, sollen noch acht Jahre länger Strom liefern können, die zehn jüngeren Anlagen sollen um 14 Jahre verlängert werden. Röttgen sagte: „Das ist ein großer Erfolg für die langfristige Versorgung der Bürger mit erneuerbarer Energie.“

Damit kippt die Regierung den rot-grünen Ausstiegskonsens aus dem Jahr 2000. Die Entscheidung trifft vor allem Stadtwerke, die in den vergangenen Jahren umfangreich in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert haben. Sie befürchten durch die Laufzeitverlängerung eine Zementierung des Oligopols der vier großen Energiekonzerne, die auch die Atommeiler betreiben. Scharfe Kritik kommt auch von der Erneuerbaren-Energien-Branche, die eine drastische Verlangsamung des weiteren Ausbaus von Wind- oder Solaranlagen befürchtet.

Die zweite Einigung im Kanzleramt betrifft die Zahlungen, die die vier Atomkonzerne für die Laufzeitverlängerung erbringen sollen. So wurde ein finanzieller Beitrag zum Ausbau erneuerbarer Energien verabredet. Röttgen sagte, die Akw-Betreiber sollten neun Euro pro Megawattstunde Atomstrom zahlen, um den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sprach von einem Beitrag der Akw-Betreiber von insgesamt 15 Milliarden Euro neben der bereits beschlossenen Brennelementesteuer. Die Steuer soll von 2011 an jährlich 2,3 Milliarden Euro für den Bundeshaushalt erbringen. Allerdings soll sie auf sechs Jahre befristet werden. Die Einigung sei im Einvernehmen mit der Industrie erzielt worden. „Uns ist ein großer Wurf gelungen. Die Mühe hat sich gelohnt“, sagte Brüderle.

Über weitere Details gab es in der Nacht dagegen keine Informationen. So etwa über das Sicherheitsniveau, das der Laufzeitverlängerung zugrunde gelegt wird. Röttgen hatte verlangt, dass zumindest das Sicherheitsniveau der jüngsten drei Atomkraftwerke erreicht werden muss. Diese sind gegen den Absturz leichter Verkehrsmaschinen gesichert. Sollte sich Röttgen mit dieser Position durchgesetzt haben, wären die sieben ältesten Anlagen kaum noch wirtschaftlich zu betreiben. Würden sie stillgelegt, könnten die Betreiberkonzerne diese Laufzeiten auf ihre eigenen jüngeren Anlagen übertragen oder an andere verkaufen. Die Laufzeit der jüngeren Anlagen könnte auf diese Weise auf weit mehr als 60 Jahre pro Anlage anwachsen. Dann würden die letzten Meiler womöglich erst nach 2050 vom Netz gehen.

Wie lang die Meiler am Netz bleiben, hängt auch davon ab, wie die Jahreszahlen in Strommengen umgerechnet werden. Darüber gab es am späten Sonntagabend ebenfalls noch keine Informationen. Rot-Grün hatte eine durchschnittliche Laufzeit in Strommengen umgerechnet.

In der Frage, ob der Bundesrat einer Laufzeitverlängerung zustimmen muss, will die Regierung der „gemeinsam vorgetragenen Position“ der Justizministerin und des Innenministers folgen, die offenbar zehn Jahre Laufzeitverlängerung für unproblematisch, aber auch 16 Jahre noch für möglich halten. SPD-Chef Sigmar Gabriel kündigte vor dem Kanzleramt, wo zu Beginn der Verhandlungsrunde rund 2000 Menschen gegen die Atomenergie protestierten, eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen die Übergehung des Bundesrates an. Das hatten zuvor auch schon einige Bundesländer angekündigt.

Die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke ist ein Bestandteil eines umfassenden Energiekonzeptes er Bundesregierung, auf dessen Eckpunkte sich die Runde am Sonntag geeinigt hat. Es soll den Umbau der Stromversorgung auf erneuerbare Energien bis 2050 beschreiben. Weitere Elemente des Konzepts sind eine Erhöhung der Energieeffizienz und ein klimafreundlicher Verkehr. So muss vor allem die Sanierungsquote im Altbaubestand deutlich erhöht werden.

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