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Alan Rusbridger war 20 Jahre lang Chefredakteur des "Guardian".

© AFP

Alan Rusbridger: Legendärer Chefredakteur des "Guardian" und oberster Geldvernichter

Der "Guardian" macht Rekordverluste. Der legendäre Chefredakteur Alan Rusbridger, der das Blatt groß gemacht hat, ist kalt gestellt. Zu Recht? Ein Portrait.

Von Andreas Oswald

Alan Rusbridger, 20 Jahre lang Chefredakteur des „Guardian“, hat die britische Zeitung mit Mut und Trotz aus ihrem Nischendasein zum linksliberalen Flaggschiff des angelsächsischen Journalismus und zu einem der bekanntesten Blätter der Welt gemacht.

Und zu einer der größten Geldverbrennungsanlagen. Die Guardian Media Group (GMG), die den „Guardian“ herausgibt, hat jetzt einen operativen Jahresverlust von 69 Millionen Pfund gemacht, wie die „Financial Times“ berichtet. Die offiziellen Zahlen sollen am heutigen Mittwoch verkündet werden. Das Minus beträgt insgesamt sogar 173 Millionen Pfund, weil das Haus weitere Verluste mit Medienbeteiligungen anhäufte.

Millionenverluste macht das Blatt seit vielen Jahren. Nach Zahlen vom März beträgt das Kapital des „Guardian“ noch 743 Millionen Pfund. Wenn das so weitergeht, ist das Geld in zehn Jahren weg. Verantwortlich dafür ist vor allem Alan Rusbridger, der auf einer Politik der globalen Expansion bestand. So wurden eigene Online-Portale für die USA und Australien geschaffen, alle frei und kostenlos zugänglich. Damit eskalierten nicht die Einnahmen, sondern die Kosten.

Da läuteten die Alarmglocken

Als Rusbridger sich auch noch anschickte, vom Chefredakteur zum Geschäftsführer der Muttergesellschaft zu werden, läuteten die Alarmglocken. Wenn dieser Visionär auch noch die finanziellen Geschäfte führe, so die Befürchtung, sei der Untergang besiegelt. Es bedurfte wohl einiger böser Intrigen, um ihn am Ende auszubooten.

Unvergessen sind die Wikileaks-Enthüllungen, vor allem der NSA-Skandal, der von dem Whistleblower Edward Snowden losgetreten wurde. Rusbridger hatte maßgeblichen Anteil an der ganzen Organisation der Enthüllungen. Der damalige britische Premier David Cameron übte massiven Druck auf ihn aus und drohte mit juristischen Schritten. Der „Guardian“ schade der nationalen Sicherheit, hieß es zur Begründung.

Es ist dem Charisma und in gewissem Sinne der Dickköpfigkeit des Alan Rusbridger zu verdanken, dass sich das Blatt nicht beugte. Seine Mitarbeiter hielten zu ihm, die Öffentlichkeit auch. Mit nahezu messianischem Eifer und gleichzeitig ruhiger Klugheit machte er sein Blatt zum Fels in der Brandung. Was gibt es Besseres als die Gewissheit, in gewisser Hinsicht der Beste und damit der Erste zu sein? Auch wenn man am Ende der Letzte ist. Aber was heißt schon der Letzte. Alan Rusbridger ist jetzt College-Chef in Oxford.

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