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Politik: Albaner attackieren einen ausreisenden Konvoi - UN-Kriegsverbrechertribunal will Milosevic voraussichtlich auch wegen Völkermords anklagen

Fünfeinhalb Monate nach der Stationierung von Nato-Truppen im Kosovo ist es erneut zu einem ernsten Zwischenfall gekommen. Erst unter dem Schutz italienischer Polizisten ist einer Gruppe von Serben aus dem Kosovo in einem von Bundeswehrsoldaten begleiteten Konvoi die Ausreise nach Montenegro gelungen.

Fünfeinhalb Monate nach der Stationierung von Nato-Truppen im Kosovo ist es erneut zu einem ernsten Zwischenfall gekommen. Erst unter dem Schutz italienischer Polizisten ist einer Gruppe von Serben aus dem Kosovo in einem von Bundeswehrsoldaten begleiteten Konvoi die Ausreise nach Montenegro gelungen. Die 34 Serben konnten in der Nacht zum Donnerstag die Stadt Pec verlassen.

Zuvor waren sie nach Angaben der internationalen KFOR-Schutztruppe von rund 1500 Albanern angegriffen worden. Bei der Attacke wurden 15 Menschen leicht verletzt. Die insgesamt 155 Serben aus der Stadt Orahovac wollten unter Begleitung von Bundeswehrsoldaten in insgesamt drei Bussen und 14 Autos ausreisen, als sich ein Teil des Konvois verfuhr. Acht Pkw-Fahrer aus dem Konvoi fuhren falsch und landeten im Zentrum der Stadt Pec.

Dort wurden die Serben von rund 1500 Kosovo-Albanern gestoppt. Diese setzten die Autos der Serben in Brand. 34 Serben flüchteten in das von Italienern geleitete Polizeikommissariat von Pec, 15 von ihnen wurden leicht verletzt. KFOR-Soldaten und italiensche Polizisten wurden von den Albanern mit Schmährufen bedacht. Der Rest des Konvois konnte unbehelligt nach Montenegro ausreisen, wo die 121 Serben noch am Mittwochnachmittag ankamen.

Der Albanerführer im Kosovo, Hashim Thaci, hat die Arbeit der UN-Mission in der Krisenprovinz kritisiert. In einem am Donnerstag in der kosovo-albanischen Tageszeitung "Koha Ditore" (Pristina) veröffentlichten Beitrag forderte er von der UN- Übergangsverwaltung mehr Zusammenarbeit und ein gemeinsames Regieren. Ziel der UN-Mission müsse eine schnelle Wiedereingliederung des Kosovo sein, nicht die Fortsetzung "wirtschaftlicher, politischer und juristischer Kindereien". Thaci ist "Ministerpräsident" der selbst ernannten Kosovo-Übergangsregierung und Vorsitzender der "Partei für den demokratischen Fortschritt des Kosovo" (PPDK). Diese ist politische Nachfolgeorganisation der UCK.

Unterdessen wurde bekannt, dass das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag den jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic voraussichtlich auch wegen Völkermords anklagen will. "Wir wollen die Anklagepunkte aus Kroatien, Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo zusammenfassen", erklärte die Chefanklägerin Carla del Ponte am Donnerstag in Pristina. In der Erklärung del Pontes hieß es, die Zusammenfassung der Vorwürfe gegen Milosevic erlaube es, "ihn wegen Völkermords zu belangen". Gegen den jugoslawischen Staatschef laufen bereits Verfahren vor dem UN-Tribunal wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Der Hohe Vertreter für EU-Außenpolitik, Javier Solana, ist im Kosovo eingetroffen. Gemeinsam mit dem EU-Kommissar für Außenbeziehungen, Chris Patten, will er sich über die politische, wirtschaftliche und militärische Situation in der Provinz informieren. Solana und Patten wollten unter anderem mit dem UN-Verwalter Bernard Kouchner sowie mit dem Chef der gemäßigten Albaner, Ibrahim Rugova, zusammenkommen.

Die Popularität von Slobodan Milosevic bei seiner Bevölkerung nimmt weiter rapide ab. Nach einer am Donnerstag in Belgrad veröffentlichten repräsentativen Umfrage haben nur noch 7,2 Prozent der Jugoslawen volles Vertrauen zu ihrem Präsidenten.

Im September 1997 waren dies noch 17 Prozent. Lediglich 7,6 Prozent wollen Milosevic weiter an der jugoslawischen Staatsspitze haben, ergab die Befragung von 2 500 Wahlberechtigten in Serbien und Montenegro, die das angesehene Meinungsforschungsinstitut Mark-plan aus Pancevo durchführte.

Demnach wollen 9,2 Prozent der Befragten, dass Dragoslav Avramovic, einer der Führer der oppositionellen Allianz für den Wandel (SZP), Milosevic an der Staatsspitze ablöst. 8,6 Prozent unterstützen den Chef der oppositionellen Serbischen Erneuerungsbewegung (SPO), Vuk Draskovic.

Mehr als die Hälfte der Befragten traut überhaupt keinem Politiker, und mehr als ein Drittel hat gar kein Vertrauen zu Milosevic. Wären jetzt Wahlen, würden acht Prozent ihre Stimme der SPO geben, sieben Prozent würden für die Milosevic-Sozialisten und sechs Prozent für die SZP stimmen, 5,2 Prozent würden für die Demokratische Partei (DS) von Zoran Djindjic votieren.

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