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Politik: Albaner stehen vor UN-Tribunal

Zum ersten Mal stehen seit Anfang dieser Woche vor dem UN-Tribunal in Den Haag auch Kosovo-Albaner vor Gericht. Verantworten müssen sich Fatmir Limaj, Haradin Bala und Isak Musliu wegen Mordes, Folter, unrechtmäßiger Gefangennahme von Zivilisten sowie deren unmenschlicher Behandlung.

Von Caroline Fetscher

Zum ersten Mal stehen seit Anfang dieser Woche vor dem UN-Tribunal in Den Haag auch Kosovo-Albaner vor Gericht. Verantworten müssen sich Fatmir Limaj, Haradin Bala und Isak Musliu wegen Mordes, Folter, unrechtmäßiger Gefangennahme von Zivilisten sowie deren unmenschlicher Behandlung. Wie der Ankläger Andrew Cayley in seinem Eingangsplädoyer mit Nachdruck ausführte, seien die Straftaten der drei ehemaligen Mitglieder der so genannten Kosovo-Befreiungsfront (UCK) als Kriegsverbrechen zu werten.

Während der wachsenden Spannungen unter dem serbischen Regime im Kosovo soll das angeklagte Trio im Juni 1998 in dem ländlichen Ort Lapushnik im Zentralkosovo auf eigene Faust ein „Kriegsgefangenenlager“ betrieben haben. In dem Lager seien mindestens 20 Häftlinge totgeschlagen oder erschossen worden, sagte Ankläger Cayley. Hauptangeklagter ist Fatmir Limaj; er soll für den Betrieb des Lagers verantwortlich gewesen sein. „Viele Häftlinge wurden geschlagen, bis sie das Bewusstsein verloren“, führte der Ankläger aus. Als Vertreter der Widerstands- und Rebellenarmee UCK haben die drei Angeklagten besondere Brutalität ausgeübt – gegen Serben, die allein auf Grund ihrer ethnischen Zugehörigkeit ins Visier gerieten, sowie gegen Kosovo-Albaner, die als „Kollaborateure“ mit dem serbischen Regime angesehen wurden. Einige Kosovo-Albaner wurden allein darum der Kollaboration verdächtigt, weil sie mit serbischen Nachbarn Freundschaften pflegten und Serben besuchten.

Als außergewöhnlich gewalttätig soll sich der trainierte Karatekämpfer Musliu gezeigt haben. In dem Lager, das Teil eines bäuerlichen Gehöfts war, sollen Gefangene tagelang an das Gestänge eines Stalls gekettet worden sein und in ihren Exkrementen gelegen haben. Einige der Verschleppten sind nie mehr aufgetaucht. Die Anklage vermutet, dass sie ermordet und heimlich verscharrt wurden.

Mehrere der aus dem Lager Entlassenen wurden vor der Freilassung gezwungen, auf Video oder handschriftlich zu erklären, sie seien während ihrer Haft gut behandelt worden. Die Anklage kündigte derartige Dokumente als Beweise an, sowie den Auftritt zahlreicher serbischer wie albanischer Zeugen, darunter auch Überlebende einer Erschießung, „die den Mut haben, hier aussagen zu wollen“.

Alle drei Angeklagten zeigten während des Eingangsplädoyers wenig Regung. Sie leugneten ihre Schuld. In Serbien könnte dieser Prozess dazu beitragen, die dort von einer Mehrheit der Bevölkerung geteilte Vermutung, das Tribunal sei „antiserbisch und parteilich“, zu revidieren. Von dort melden Medien allerdings auch die weit verbreitete Erwartung, dass noch höhere Funktionäre der inzwischen aufgelösten UCK vor Gericht gestellt werden.

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