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ALG I: Arbeitgeber warnen vor neuen Anreizen zu Frühverrentung

Die Arbeitgeber warnen vor neuen Anreizen zur Frühverrentung durch einen längeren Bezug von ALG I. Auch in der Union bleibt der entsprechende Vorstoß des NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers umstritten.

Berlin - Auf dem Deutschen Arbeitgebertag kritisierte BDA-Chef Dieter Hundt am Dienstag, Jürgen Rüttgers (CDU) Vorstoß setze "falsche Anreize". Eine längere Bezugsdauer würde nur die Frühverrentung wieder fördern. Hundt betonte, die Arbeitslosenversicherung sei eine "Risiko-, und keine Ansparversicherung". "Alles andere wäre eine wirkliche Lebenslüge", fügte er hinzu.

Der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner nannte Rüttgers' Vorstoß "unsolide". Es könne nicht aufgehen, Beiträge senken zu wollen und zugleich den Anschein zu erwecken, als wollte man die Leistungen noch ausbauen. Auch sei es "ungerecht, wenn man einer kleinen Gruppe Älterer eine geringfügig längere Arbeitslosengeldbezugsdauer verspricht, dafür aber bei der ganz großen Zahl der Arbeitslosen Kürzungen vornimmt".

In der Union bleibt der Vorschlag weiter umstritten. Der Vizechef der CDU-Sozialausschüsse (CDA), Gerald Weiß, nannte es "sehr sinnvoll" zu berücksichtigen, wie lange jemand gearbeitet und ins Sozialsystem eingezahlt hat. Der Präsident des Wirtschaftsrates der CDU, Kurt Lauk, betonte dagegen, wer Privilegien für langjährige Beitragszahler fordere, der zerstöre die Solidargemeinschaft der Versicherten.

Unterstützung von der Linkspartei

Bayerns CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann unterstützte Rüttgers, dagegen ging CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer erneut auf Distanz und erklärte, dies sei Thema der CDU und nicht der CSU. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen (CDU) verwies auf Mehrbelastungen für Jüngere und mögliche Anreize für frühere Entlassungen bei Umsetzung des Rüttgers-Vorschlags.

Unerwartete Schützenhilfe erhielt Rüttgers von Links-Fraktionschef Oskar Lafontaine. Die Koalition muss die Zahldauer des Arbeitslosengeldes für ältere Arbeitnehmer verlängern, verlangte Lafontaine. Die SPD-Ablehnung sei "nicht nachvollziehbar". Grünen-Fraktionschefin Renate Künast kritisierte, die Koalition verhalte sich wie ein "Brummkreisel" und führe ihre eigene Reformpolitik ad absurdum. Eine Mehrbelastung von Jüngeren zugunsten der Älteren sei nicht im Sinne der Generationengerechtigkeit.

Viel Kritik an Glos' Vorschlag

Keine Chance auf Umsetzung hat derweil der Vorstoß von Wirtschaftsminister Michael Glos, nach dänischem Vorbild den Kündigungsschutz weitgehend abzuschaffen und dafür die Absicherung bei Arbeitslosigkeit auszubauen. SPD-Chef Kurt Beck sagte, dies sei "nicht der richtige Weg". CSU-Generalsekretär Markus Söder sieht den Vorschlag als "Langzeitidee", die mit der SPD "sehr wahrscheinlich" nicht zu diskutieren sei. Weiß lehnte den Glos-Vorschlag strikt ab.

Derweil berichtet die "Berliner Zeitung" unter Berufung auf Unions-Kreise, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verärgert über Glos sei, weil er mit seinem Vorstoß die positiven Nachrichten zur Einigung bei der Unternehmenssteuerreform verdrängt habe. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) forderte ein Ende der Debatte. Der Vorschlag sei "nicht umsetzbar". Die Diskussion erwecke daher nur den Eindruck, dass die "Regierung nicht richtig wüsste, wo sie eigentlich hin will". (tso/ddp)

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