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Politik: Alles nur zum Spaß?

Die US-Soldatin England soll im Irak Gefangene misshandelt haben – aus Zeitvertreib, sagen die Ermittler

Von dem einst so provozierenden Lachen, das die ganze Sache nur noch schlimmer machte, ist nichts mehr übrig geblieben. Mit hängendem Kopf und eingezogenen Schultern schlich Lynndie England am Dienstag zur ersten von einer Serie von Anhörungen, die darüber entscheiden, ob die 21jährige Soldatin wegen der Misshandlung von Gefangenen im Irak angeklagt wird. Die Fotos, die im Mai auftauchten, zeigten noch ihr anderes Gesicht. Mit frechem Grinsen deutet sie darauf auf die Genitalien eines nackten Gefangenen im Abu Ghraib Gefängnis vor den Toren Bagdads, eine Zigarette hängt locker in ihrem Mundwinkel. Ein anderes Foto, das wenig später auftauchte, diente Medien weltweit als Titel, um den Skandal zu illustrieren: England hält darin eine Leine in der Hand, deren anderes Ende um den Hals eines am Boden liegenden unbekleideten Irakers geschlungen ist.

Das alles sei für sie nur ein Spaß gewesen, sagte am ersten Tag der Army-ChefErmittler Paul D. Arthur vor dem Militärgericht in Fort Bragg (North Carolina). Sie habe ihm gesagt, „sie würden nur rumalbern, Späße machen, um sich die Nachtschicht zu vertreiben“. Sein Eindruck sei gewesen, die Soldaten der 372. Military Police Company aus Maryland hätten ein Ventil gesucht, um ihre Frustrationen herauszulassen, sagte Arthur.

England plädiert auf unschuldig. Sie beharrt darauf, dass sie lediglich Befehle befolgt habe. Ihre Anwälte stellen sie als Bauernopfer dar für den Skandal, der weltweit Empörung auslöste. Das Weiße Haus beharrt bis heute darauf, dass es sich bei den Soldaten nur um einige wenige Fehlgeleitete handele. Präsident George W. Bush entschuldigte sich zwar öffentlich, personelle Konsequenzen zog er in seinem Kabinett aber nicht. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld übernahm die Verantwortung – und blieb im Amt. Seitdem sind zahlreiche Dokumente aufgetaucht, die illustrieren, dass das Weiße Haus nach den Anschlägen vom 11. September zumindest darüber nachdachte, ob Folter von Gefangenen in bestimmten Fällen angemessen sei.

Arthur sagte dagegen aus, er habe keine Hinweise darauf, dass der Militärische Nachrichtendienst in den Folterskandal verwickelt sei. Ein anderer Militär-Ermittler, Special Agent Warren Worth, erklärte, es gebe keine Belege dafür, dass die Befehle von einer höheren Eben kam als von den England direkt vorgesetzten Charles A. Garner und Ivan Frederick. Nach anderen Berichten soll der Nachrichtendienst die Fotos aber genutzt haben, um Gefangene zu zermürben.

Mit Garner begann England im Irak ein Verhältnis, er soll der Vater des Kindes sein, mit dem sie im siebten Monat schwanger ist. Die Mindeststrafe für die Vergehen, die ihr vorgeworfen werden, ist die unehrenhafte Entlassung aus der Armee. Die Höchststrafe beträgt 38 Jahre Gefängnis.

Unterdessen stehen auch mehrere dänische Irak-Soldaten unter dem Verdacht, Gefangene misshandelt zu haben. Das Verteidigungsministerium in Kopenhagen bestätigte Ermittlungen.

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