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Politik: Alles zum Bund

SPD-Junktim bei Föderalismusreform

Die SPD-Bundestagsfraktion droht damit, die zweite Stufe der Föderalismusreform platzen zu lassen. Der Grund: Sie will unbedingt die Steuerverwaltung, die traditionell Ländersache ist, auf den Bund verlagern. Ein vom Bundesfinanzministerium in Auftrag gegebenes Gutachten nennt einen Effizienzgewinn von mehr als acht Milliarden Euro im Jahr durch die Verlagerung der Verwaltungszuständigkeit. Die Ländermehrheit lehnt die Forderung seit Jahren ab und bezweifelt auch die angeblichen Effizienzsteigerungen.

Nun aber stellt die SPD-Fraktion ein Junktim auf. Deren Föderalismusexperte Volker Kröning machte im „Handelsblatt“ deutlich, dass es sich an der Bundessteuerverwaltung entscheidet, ob es eine Einigung in der Kommission gibt. Die hat sich vor allem vorgenommen, das Schuldenproblem in den öffentlichen Etats in den Griff zu bekommen. „Ohne Bundessteuerverwaltung gibt es keine Schuldenhilfe. Und ohne Schuldenhilfe werden mehrere Länder einer härteren Schuldengrenze nicht zustimmen“, sagte Kröning.

Von Bundesseite wird den Ländern oft vorgeworfen, es bei Steuerkontrollen nicht so genau zu nehmen und zu häufig Steuerschulden zu stunden. Dadurch würde regionale Struktur- und Subventionspolitik gerade bei kleineren und mittleren Betrieben zulasten der Steuerzahler gemacht. In den Ländern macht man dagegen ein andere Rechnung auf: Das Problem seien nicht Effizienzmängel beim Steuervollzug, sondern die sich ständig ändernde und komplizierter werdende Steuergesetzgebung des Bundes, die den Finanzbeamten die Arbeit erschwere.

Einige Länder stützen das Anliegen, allen voran die hochverschuldeten wie Berlin und Bremen. Sie hoffen zudem, sich durch die Übertragung der Verwaltung an den Bund der drückenden Pensionslasten für Finanzbeamte zu entledigen. Aber die Mehrheit wehrt sich – parteiübergreifend. Der rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) etwa gilt als Gegner der Bundessteuerverwaltung. Der bayerische Finanzstaatssekretär Georg Fahrenschon (CSU) weist den SPD-Vorstoß zurück. „Wir verstehen die Arbeit am Grundgesetz in der Föderalismuskommission nicht als Basar und verhalten uns nicht wie Teppichhändler“, sagte er dem Tagesspiegel. Deutschland brauche keine einheitliche Steuerverwaltung. Nichts werde dadurch automatisch besser. Ganz traurig dürfte die bayerische Regierung über den SPD-Vorstoß aber nicht sein. Denn ihr missfiel die Debatte über mehr Hilfen für Schuldenländer von Beginn an. „Wir sind nicht bereit, uns an einem Altschuldenfonds zu beteiligen“, sagte Fahrenschon. „Wir wollen nicht die fehlerhaften Entscheidungen in anderen Ländern über eine Altschuldenhilfe mittragen.“

Auch Hessens Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) lehnt ab. „Wir lassen uns in diesem Punkt nicht erpressen.“ Ein Monstrum wie die Bundessteuerverwaltung würde zu Steuermindereinnahmen führen, es wäre ein „Paradebeispiel für Bürgerferne“. Das Gutachten, auf das sich die SPD-Fraktion stützt, sieht eine erhebliche Verringerung der Zahl der Finanzämter vor – von bundesweit 605 auf 441. In mancher Region würde der Weg zum Finanzamt länger, Berlin hätte möglicherweise nur noch ein Großfinanzamt. In dem Gutachten werden die Risiken einer Zentralverwaltung nicht verschwiegen: „Vernachlässigung der Delegation von Verantwortung, Entstehung starrer Strukturen und mangelnder Innovations- bzw. Entwicklungsfähigkeit.“ Und es stellt auch den Effizienzgewinn in Relation: Er läge bei gerade einmal 2,7 Prozent des Gesamtsteueraufkommens.

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