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Präsident des Zentralkomitees der Katholiken, Alois Glück.

© dpa

Alois Glück über die Nominierung Gaucks: "Nicht nach dem Heiligen in der Politik streben"

Warum die Einigung auf den früheren evangelischen Pastor Joachim Gauck kein konfessioneller Affront ist, erklärt der Präsident des Zentralkomitees der Katholiken, Alois Glück, im Interview mit "Tagesspiegel online".

Wir werden von einer evangelischen Pastorentochter regiert und bekommen jetzt auch einen evangelischen Pastoren als Staatsoberhaupt. Wie finden Sie das als Katholik?

Ich finde es sehr gut, wenn Menschen auch über ihr Christsein und ihre Konfession in öffentlichen Ämtern wahrgenommen werden und Verantwortung übernehmen. Primär werden diese Personen sicher nominiert und gewählt wegen ihrer Persönlichkeit, nicht wegen ihrer konfessionellen Herkunft. Aber ich finde es bemerkenswert, dass daneben auch ihre Verankerung im Glauben benannt wird.

Sie sehen es ökumenisch?

Es wäre kleinkariert, wenn die christlichen Konfessionen jetzt mit Eifersüchteleien beginnen würden. Die Gesamtentwicklung ist auf jeden Fall positiv. Es gibt ja auch in den Kirchen die kulturpessimistische Einschätzung, dass alles, was mit Glauben zu tun hat, abgelehnt wird. Diese Beispiele zeigen dass das so nicht stimmt.

Es wurden aber auffällig viele evangelische Theologen gehandelt: Margot Käßmann, Wolfgang Huber, Katrin Göring-Eckardt. Wie erklären Sie sich das?

Sie haben recht, das fällt ins Auge. Aber die einzelnen Personen wurden aus sehr unterschiedlichen Gründen benannt. Ihre Funktionen waren wichtig, ihre persönlichen Biografien. Und mit Norbert Lammert war ja auch ein bekannt engagierter Katholik im Spiel.

Verlieren die Katholiken in der deutschen Politik an Einfluss?

Ich empfinde das nicht so. Höchstens, dass bei den Katholiken weniger die Laien und mehr das dominante Amt der Bischöfe wahrgenommen wird.

Früher hatten die Katholiken mit dem Zentrum sogar eine eigene politische Partei...

Der große Fortschritt nach dem Desaster des Nationalsozialismus war, dass mit den beiden C-Parteien die erste ökumenische Bewegung entstanden ist – in einer Zeit, in der sich die Kirchen gegenseitig noch bekämpft haben. Aufgrund gemeinsamer Leidenserfahrungen in den Gefängnissen der Nazis kamen Christen zu dem Ergebnis, dass die konfessionelle Spaltung im politischen Raum überwunden werden muss. Das war nicht Rückzug, sondern Ausweitung. Das kommt ja auch in den gemeinsamen Verlautbarungen zu sozialethischen Fragen zum Ausdruck.

Ist der politische Protestantismus staatstragender als der katholische? Und das Katholische mehr im Sozialen aktiv?

Nein, solche Arbeitsteilungen gibt es nicht, allerdings unterschiedliche  Entwicklungslinien. Das Evangelische wurde lange geprägt über ein Bildungsbürgertum,  die Kath. Soziallehre war im Aufbau der Bundesrepublik sehr prägend. Nun gibt es in sozialethischen Fragen viel Zusammenarbeit.

Zeigt sich an den Kandidaten und der Entscheidung für Gauck eine Sehnsucht nach moralischer Autorität, die auch wieder im Glauben wurzeln darf?

 Ja, das auch. Bei der Suche ging es um eine Persönlichkeit, die aufgrund ihres Werdegangs und ihrer Prägung das in besonderer Weise verkörpert, was viele gerade jetzt im Amt des Bundespräsidenten suchen: Eine Persönlichkeit als überparteiliche Autorität. Allerdings sollte man sich davor hüten, nach Perfektion in der Person zu streben oder nach dem Heiligen in der Politik. Das nämlich würde alle überfordern.

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