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Aloisiuskolleg in Bonn: Systematische Misshandlung bei Jesuiten

Noch nicht aufgeklärt: Offenbar übertrifft das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs am Aloisiuskolleg in Bonn die Dimension an den anderen drei Jesuitenkollegien um ein Vielfaches.

Berlin - Die Aufklärung von sexuellem Missbrauch an den Jesuitenschulen in Deutschland ist längst nicht abgeschlossen. Wie jetzt bekannt wurde, übertrifft das Ausmaß am Aloisiuskolleg in Bonn die Dimension an den anderen drei Jesuitenkollegien um ein Vielfaches. Die vom Jesuitenorden eingesetzte externe Beauftragte zur Aufarbeitung des Missbrauchs am Aloisiuskolleg geht von mindestens 67 Opfern und 18 Tätern aus, darunter 15 Jesuitenpatres, von denen einer bis heute an der Schule tätig ist. Ihm wurde zum Jahresende gekündigt. Im Zeitraum ab den 50er Jahren bis 2008 wurden Kinder systematisch gedemütigt, geschlagen oder zur Bestrafung in dunkle Spinde weggesperrt, sie wurden sexuell belästigt, hundertfach nackt oder leicht bekleidet in erotischen Posen fotografiert und zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Die meisten Fälle sind verjährt, in den aktuelleren Fällen ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Wie der Zwischenbericht anhand von Einzelfällen nachweist, hatte der Jesuitenorden schon vor 2010 Hinweise auf „Kindeswohlgefährdung“ am Aloisiuskolleg erhalten, in einem Fall ging es auch um sexuellen Missbrauch. Bezeichnend sei, so heißt es in dem Bericht, dass schriftliche Mitteilungen von Ordensmännern, in denen sie den Ordensoberen auf das Fehlverhalten eines Mitbruders hinwiesen, in ihrer eigenen Akte abgelegt wurden. In der Akte desjenigen, dem die Beschwerde galt, wurden Verdachtsmomente nicht einmal vermerkt. „Spätestens mit dem nächsten Amtswechsel der Ordensoberen dürften die Hinweise auf mögliche Kindeswohlgefährdungen damit regelmäßig untergegangen sein“, schreibt Julia Zinsmeister, die Beauftragte zur Aufarbeitung der Fälle. Die Opferinitiative „Eckiger Tisch“ wirft dem im Februar zurückgetretenen Rektor des Aloisiuskollegs Mitwisserschaft vor. Er hatte Kartons mit Fotos halb- oder unbekleideter Schüler an sich genommen. Die Fotos hatte ein anderer Pater gemacht, der mittlerweile verstorben ist.

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