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Politik: Als Laura Rumsfeld feuern wollte

Ein neues Buch wirft grelle Lichter auf Präsident Bushs Sinn für die Realität

Das neue Buch des US-Starjournalisten Bob Woodward „State of Denial“ setzt Präsident Bushs Regierung gut fünf Wochen vor der Kongresswahl unter neuen Druck. Bush habe die Öffentlichkeit mit seinen optimistischen Aussagen zur Lage im Irak systematisch in die Irre geführt, während interne Analysen die Probleme schonungslos benannten. Und: Verteidigungsminister Donald Rumsfeld stand seit Jahresbeginn 2004 zweimal kurz vor der Entlassung; selbst Laura Bush habe ihren Mann dazu gedrängt, neben Bushs Stabschef Andrew Card und den Außenministern Colin Powell und Condoleezza Rice. Schließlich habe sich der Flügel um Strategieberater Karl Rove durchgesetzt mit der Warnung, Rumsfelds Entlassung würde als Eingeständnis schwerer Fehler wahrgenommen.

Woodwards neues Buch geht schärfer mit Bush ins Gericht als die ersten beiden zu dessen Präsidentschaft: „Bush at War“ 2002 über die Anschläge von 9/11 und den Afghanistankrieg sowie „Plan of Attack“ 2004 über den Weg in den Irakkrieg. Kritiker hatten dem Autor von zwölf Bestsellern vorgeworfen, er gehe zu verständnisvoll mit Spitzenpolitikern um – vielleicht auch, weil er fürchte, dass sie sich ihm gegenüber sonst nicht mehr so offen äußern. Woodward schreibt seine Bücher, als sei er bei den entscheidenden Gesprächen dabei gewesen, mit zum Teil ausführlichen wörtlichen Zitaten; sie beruhen auf langen Interviews mit den Handelnden. Zu Starruhm war Woodward 1972 gelangt, als er mit Carl Bernstein den „Watergate“-Abhörskandal aufdeckte, der zum Rücktritt des Präsidenten Richard Nixon führte.

Das neue Buch verrät schon im Titel einen kritischeren Zugang. In der freundlichen Auslegung besagt er, die Regierung befinde sich im Zustand der Realitätsverweigerung, in der harten, dies sei eine Regierung der Lügen. Woodwards Zeitung „The Washington Post“ druckte am Wochenende Auszüge aus dem Buch, das seit Sonnabend in den USA im Handel ist und die Nachrichten bestimmt. Woodward selbst geht nicht so weit, dass er dem Präsidenten bewusste Lügen vorhält. Er stellt öffentliche Aussagen Bushs den internen Analysen gegenüber – und die Diskrepanzen sind erstaunlich.

Im Mai 2003 bezeichnet Bush das offizielle Ende der Kampfhandlungen im Irak als großen Sieg im Kampf gegen den Terror. Wenige Tage später nennt Jay Garner, Planungschef für den Nachkriegsirak, die Entscheidungen, Mitglieder von Saddams Baath-Partei von der Politik auszuschließen, Iraks Armee aufzulösen und die Interimsregierung abzulösen, „drei tragische Beschlüsse, drei fürchterliche Fehler“. Im November 2003 sagt Bush in einer Rede: „Wir haben die Terrorgefahr nicht nur eingedämmt, wir drängen sie zurück.“ Am gleichen Tag hatte ihm die CIA die gegenteilige Lageanalyse vorgetragen. „Wir sehen, wie sich ein Aufstand im Irak ausbreitet.“ Im Mai 2006 feiert Bush die Regierungsbildung in Bagdad als Etappensieg der Freiheit im Mittleren Osten. Gleichzeitig sagen die Dienste voraus, Aufständische und Terroristen würden ihre Gewalt noch steigern.

Am 11. September 2006, dem fünften Jahrestag der Anschläge, behauptet Bush, Amerika sei sicherer geworden. Der Geheimdienstbericht stellt fest, der Irakkrieg habe den Terror ausgeweitet.

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