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Alt-Bundespräsident: Johannes Rau gestorben

Deutschland trauert um seinen früheren Bundespräsidenten Johannes Rau: Über alle Parteigrenzen hinweg wurde der SPD-Politiker als politisches Vorbild und "Brückenbauer" gewürdigt.

Berlin - Rau wurde als einer der bedeutendsten Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte gewürdigt. Der wegen seiner versöhnenden Art geschätzte Rau starb im Alter von 75 Jahren am Freitagmorgen in Berlin im Kreise seiner Familie. Der Tod Raus löste im In- und Ausland tiefe Trauer aus.

Bundespräsident Horst Köhler, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chef Matthias Platzeck nannten Rau einen großen Bundespräsidenten und Demokraten. Der Zentralrat der Juden in Deutschland würdigte Raus Verdienste um die deutsch-jüdische Aussöhnung. Allgemein wurde auch die menschliche Seite des langjährigen nordrhein-westfälischen SPD-Ministerpräsidenten hervorgehoben.

Rau hinterlässt eine Frau und drei Kinder. Er war seit längerem schwer krank. Nach seinem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt am 30. Juni 2004 musste er sich zwei Operationen unterziehen, von denen er sich nicht mehr richtig erholte. Bundespräsident Köhler ordnete für den 7. Februar einen Staatsakt an. Bürger haben von Samstag bis Sonntag Gelegenheit, sich im Berliner Schloss Bellevue und in der Bonner Villa Hammerschmidt in ein Kondolenzbuch einzutragen.

Der Sozialdemokrat Rau zählte über Jahrzehnte zu den führenden deutschen Politikern. Fast 50 Jahre war er politisch aktiv, davon rund 20 Jahre als Ministerpräsident in Nordrhein-Westalen. 1999 wurde Rau der achte Bundespräsident. Er profilierte sich als politischer Präsident. Nachdrücklich setzte er sich für das Zusammenleben von Deutschen und Ausländern ein. Als Lebensmaxime hatte er sich "Versöhnen statt Spalten" vorgegeben. Er verstand sich als Bundespräsident aller Deutschen und als "Ansprechpartner für alle Menschen, die ohne einen deutschen Pass bei uns leben und arbeiten".

Auf Versöhnung bedacht

Raus außenpolitische Ausrichtung galt der Aussöhnung mit Israel, aber auch mit Polen. Die erste wichtige Auslandsreise führte ihn im Februar 2000 nach Israel. Damals hielt er - als erster deutscher Politiker - eine vielbeachtete Rede im israelischen Parlament, der Knesset. "Im Angesicht des Volkes Israel verneige ich mich in Demut vor den Ermordeten, die keine Gräber haben, an denen ich sie um Vergebung bitten könnte. Ich bitte um Vergebung für das, was Deutsche getan haben, für mich und meine Generation, um unserer Kinder und Kindeskinder willen, deren Zukunft ich an der Seite der Kinder Israels sehen möchte."

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, hob Raus Einsatz für die Juden hervor. "Mit Johannes Rau verliert die jüdische Gemeinschaft in Deutschland und der Staat Israel einen engen, verlässlichen Freund", sagte er.

In einer "Danziger Erklärung" hatten Rau und der damalige polnische Präsident Aleksander Kwasniewski im Oktober 2003 die Schuldzuweisungen in der Debatte um die Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg verurteilt. Sie wiesen Entschädigungsansprüche auf beiden Seiten zurück. In seiner ersten "Berliner Rede" - die Reihe hatte Vorgänger Roman Herzog begründet - forderte er klare Regeln für Integration und Zuwanderung ausländischer Mitbürger.

In Wuppertal geboren

Rau wurde am 16. Januar 1931 in Wuppertal als Sohn eines Predigers geboren. Seine Frau Christina ist die Enkelin des früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann. Merkel betonte, Rau habe dem Amt des Bundespräsidenten eine "starke politische Bedeutung" gegeben. Sie habe Rau als "besonders aufrichtigen und verlässlichen Menschen kennen gelernt". Die Kanzlerin hob aber auch den Humor von Rau hervor. Er habe bekannterweise gerne Witze erzählt. Ihr Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) nannte Rau "Sympathieträger, Identifikationsfigur und moralisches Gewissen".

Nach Ansicht des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, und auch des EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber verdanken die Kirchen Rau viel. "Ich selbst durfte ihn als einen tief ökumenisch eingestellten evangelischen Christen kennen lernen, dem nicht nur der Dialog zwischen den Konfessionen, sondern auch mit anderen Religionen und Kulturen am Herzen lag", sagte Lehmann.

SPD-Chef Platzeck sagte: "Wir haben einen unersetzlichen Freund verloren, der einer der bedeutendsten und beliebtesten Politiker unseres Landes war." NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sagte: "Johannes Rau war ein großer Ministerpräsident von Nordrhein- Westfalen, dem das Land und seine Menschen viel zu verdanken haben."

Auch in Österreich, Polen und Israel wurde Raus Lebensleistung gedacht. Osterreichs Regierungschef und EU-Ratspräsident Wolfgang Schüssel bezeichnete ihn als "starke Persönlichkeit und Integrationsfigur". (tso/dpa)

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