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Politik: Alter Schwur, neuer Wahlkampf

Sarkozy hatte den Wählern 2007 mehr Geld versprochen – das wurde nichts. Jetzt soll es aber wahr werden

Ein Jahr vor der nächsten Präsidentenwahl erinnert sich Nicolas Sarkozy eines unerfüllten Versprechens, das er den Wählern 2007 gab. Er wollte dafür sorgen, dass die Franzosen mehr Geld in der Tasche haben. „Mehr arbeiten, um mehr zu verdienen“, lautete die Parole, mit der er als künftiger „Präsident der Kaufkraft“ Wahlkampf machte. Daraus wurde bekanntlich nichts. Aber nun will Sarkozy das Versäumte nachholen. Unternehmen, die ihren Aktionären höhere Dividenden zahlen, sollen ihren Beschäftigten Prämien überweisen. Für Großunternehmen will er das zur gesetzlichen Pflicht machen, kleinere Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten müssten darüber mit den Gewerkschaften verhandeln. Ein entsprechendes Gesetz soll noch im Sommer verabschiedet werden.

Doch mit dem Geschenk sind weder Arbeitgeber noch Gewerkschaften zufrieden. Eine obligatorische Prämie sei eine „schlechte Idee“, erklärte der Arbeitgeberverband Medef, was aus der Sicht der Interessen der Unternehmen nicht weiter überrascht. Eine Überraschung stellt dagegen die Reaktion der Gewerkschaften dar. Sie lehnen Sarkozys Vorhaben rundweg ab. Da nicht alle Beschäftigten in den Genuss der Prämie kämen, würde dies einen Keil zwischen Frankreichs Arbeitnehmer treiben, erklärte Francois Chérèque, der Generalsekretär der CFDT. Mit den Prämien würde zudem die gewerkschaftliche Lohnpolitik unterlaufen. Unternehmen, die ihren Beschäftigten die neue Prämie zahlten, würden sich künftig bei Tarifverhandlungen zurückhaltender zeigen. Da die Unternehmen teilweise auch von Abgaben auf die Prämien befreit werden sollen, handele es sich im Endeffekt um ein „Geschenk für die Arbeitgeber“ und eine „Katastrophe für die Arbeitnehmer“, sagte er.

Nach Darstellung der Regierung könnten acht Millionen Beschäftigte – praktisch jeder zweite Arbeitnehmer – in den Genuss der neuen Prämie kommen. Doch nicht alle großen Unternehmen zahlen Dividenden, und die, die es tun, zahlen nicht in jedem Fall mehr als im Vorjahr. Von den 40 größten an der Pariser Börse notierten Unternehmen haben nur 19 für 2011 höhere Ausschüttungen angekündigt. Experten halten die Zahlen der Regierung daher für weit übertrieben.

Der Vorwurf der Gewerkschaft CGT, der Präsident verfolge mit einem „improvisierten“ Vorhaben rein „wahltaktische Ziele“, ist da nur schwer zu widerlegen. Durch seine Politik hat sich Nicolas Sarkozy den Ruf eines „Präsidenten der Reichen“ erworben. Eine seiner ersten Handlungen nach seinem Amtsantritt war die Begrenzung der Steuerleistung von Vermögenden auf 50 Prozent ihres Einkommens. Doch auch dieser „Schutzschild“ soll jetzt fallen. Dafür wird die Vermögensteuer reformiert mit dem Effekt, dass, wie der „Canard enchaîné“ herausfand, die L'Oréal-Erbin und reichste Frau Frankreichs, Liliane Bettencourt, erst einmal nur noch ein Viertel ihrer bisherigen Steuern bezahlen muss.

Den Worten des Präsidenten werde, wie der Politologe Stéphane Rozès festhält, angesichts der „vielen unerfüllten Versprechen“ großes Misstrauen entgegengebracht. Eine neue Meinungsumfrage scheint dies zu belegen. Danach könnte Sarkozy 2012 im ersten Wahlgang von den Sozialisten und Marine Le Pen, der Chefin der rechtsextremen Nationalen Front, überrundet werden und damit aus dem Rennen ausscheiden. Nur wenn die Sozialisten wieder Segolène Royal, seine Gegnerin von 2007, als Kandidatin aufstellten, hätte er Chancen, in die Stichwahl einzuziehen – gegen Le Pen.

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