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Altersbezüge: Die Rente ist schon wieder sicher

In der Krise und vor der Wahl beschließen Rot und Schwarz ein Gesetz zur Stabilisierung der Altersbezüge.

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Berlin - Die Runde war sich umgehend einig: Das Gesetz ist überflüssig – genau deshalb muss es kommen. Der Fraktionsvorstand der CDU/CSU-Fraktion hat denn auch am Montagabend gar nicht mehr groß über das Vorhaben diskutiert, den Rentnern per Gesetz zu garantieren, dass ihre Bezüge in den nächsten Jahren auf keinen Fall sinken werden. „Das Gesetz ist jedenfalls politisch richtig“, resümiert anderntags Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen. Denn: „Ein Wahlkampf mit der Verunsicherung der Rentner ist jetzt unmöglich.“

Dass das eine recht gewagte Begründung ist für einen Eingriff in das Rentensystem, ist Röttgen natürlich bewusst. Noch gewagter allerdings wäre es der Union erschienen, angefangen bei der Kanzlerin, im Wahljahr auf die „Null-Garantie“ (Röttgen) für die Rentner zu verzichten. Die stellen mit gut 20 Millionen fast ein Drittel des Wahlvolks, und speziell CDU und CSU sind auf das Wohlwollen der Alten überproportional angewiesen. Als deshalb vor kurzem eine Zeitung die Rechnung aufmachte, dass als Folge der Krise im Jahr 2010 die Rentenanpassung eventuell zum ersten Mal in der Geschichte der Republik negativ ausfallen könnte, reagierte die Koalition sofort. Zwei Telefonate zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD), dann war klar: Das werden wir verhindern.

Dass genauere Rechnungen inzwischen zeigen, dass der Fall wahrscheinlich gar nicht eintritt, bremst den Eifer nicht. Röttgen malt in düsteren Farben aus, wie die Rentenfrage im Wahlkampf zu einem „Wettbewerb der Verunsicherung“ führen könne: „Das ist das Prinzip Lafontaine!“ In den Fraktionsgremien der Union war allerdings weniger der Linkspartei-Chef Gegenstand der Sorge als der Koalitionspartner. „Wenn die SPD sagt, wir verhindern die Rentenabsenkung, dann werden wir den Teufel tun zu sagen: Wir nicht!“, sagt ein Vorstandsmitglied. Viel zu kompliziert die Zusammenhänge zwischen Kurzarbeit und Rentenniveau, um sie den Leuten zu erläutern; viel zu einfach dagegen der Satz in der „Tagesschau“: „Mit uns keine Rentenkürzung!“ „In die Falle tappen wir nicht“, sagt der Christdemokrat. Dann schon lieber sich ein bisschen winden, von einem „Krisenbewältigungsbeitrag“ (Röttgen) sprechen und im Übrigen einen Satz in Gesetzesform gießen, der längst bloß noch satiretauglich schien: Norbert Blüms Mantra „Die Rente is sischä“.

Eine Schutzklausel soll dafür sorgen, dass die Renten auch in Krisenzeiten, in denen die durchschnittlichen Löhne der Beschäftigten sinken, nicht gekürzt werden. Bisher sind Minusrunden nur ausgeschlossen, wenn sie wegen der verschiedenen Dämpfungsfaktoren zustande kämen, die mit den letzten Rentenreformen eingeführt wurden. 2005 und 2006 wäre das der Fall gewesen, doch auch damals intervenierte die Bundesregierung. Ab 2011 sollen ausgebliebene Kürzungen – wie auch in der bisherigen Schutzklausel vorgesehen – nachgeholt werden. Das künftige Rentenplus soll dann nur noch halb so hoch ausfallen.

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, kritisierte das Vorhaben, ausgefallene Rentenkürzungen später nachzuholen. „Da baut sich eine riesige Welle auf. Es ist zu befürchten, dass auf die Rentner jahrelange Nullrunden zukommen“, sagte sie dem Tagesspiegel. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach begrüßte, dass es keine Rentenkürzungen geben soll. Sie sehe aber mit Sorge, dass mögliche Einschnitte nachgeholt werden sollen. „Wir können nur davor warnen, den Rentnern heimlich ein Minuskonto aufzubauen und bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag Rentenerhöhungen zu kassieren.“ Buntenbach forderte die Politik auf, spätestens nach den Bundestagswahlen eine nachhaltige Politik für mehr Sicherheit im Alter einzuleiten. „Rente mit 67 und Rentenkürzungen von bis zu 25 Prozent treffen vor allem die Jungen und führen zu Altersarmut – das muss verhindert werden.“

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