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Kinder werden häufig Opfer von Missbrauch.

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Am meisten kritisierter Punkt bleibt erhalten: Bundestag will neues Sexualstrafgesetz verabschieden

SPD und CDU haben sich nach langen Verhandlungen auf das Gesetz geeinigt. Es ist die Reaktion auf die Missbrauchsfälle von Münster und Bergisch Gladbach.

Im Netz kursieren unzählige Bilder, auf denen, computeranimiert, zwei Kinder in sexueller Pose gezeigt werden. Solche Bilder landen häufig in Whatsapp-Chatgruppen, die für völlig andere Zwecke eingerichtet wurden. Nichtsahnende Menschen haben dann plötzlich solche Bilder auf ihren Handys und Smartphones. Die allermeisten löschen sie sofort.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt trotzdem wegen Besitzes von kinderpornographischem Material, stellt das Verfahren aber in den allermeisten Fällen schnell ein, weil klar ist, wie die Bilder auf die Geräte gekommen sind. In Zukunft wird es viel schwerer, solche Fälle einfach abzuschließen. Am heutigen Donnerstag wird der Bundestag das neue, umstrittene Sexualstrafrechts-Gesetz verabschieden. Es sieht unter anderem vor, dass Einstellungen wegen Geringfügigkeit nicht mehr erlaubt sind.

SPD und CDU haben sich nach langen Verhandlungen auf das Gesetz geeinigt. Es ist die Reaktion auf die monströsen Missbrauchsfälle von Münster und Bergisch Gladbach aus dem Jahr 2020.

Im neuen Gesetz bleibt jener Punkt erhalten, den hochrangige Richter, Staatsanwälte und Rechtswissenschaftler im Gesetzentwurf am meisten kritisiert hatten. Minderschwere Taten gelten nicht mehr als Vergehen, die wie bisher mit einem Strafbefehl erledigt werden können, also ohne Verhandlung. Ab sofort werden sie als Verbrechen mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis eingestuft.

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Die Kritiker monieren, dass damit die Verhältnismäßigkeit der Strafen nicht mehr gewährleistet sei. Und für die Vielzahl von neuen Verfahren, die jetzt auf Gerichte und Staatsanwaltschaften zukommen, fehle es an genügend Personal.

Nur noch in Ausnahmefällen ist Bewährung möglich

Bewährungsstrafen sind nun nur noch in Ausnahmefällen möglich. Auch eine Einstellung eines Verfahrens gegen eine Auflage ist unzulässig. Nur wenn annähernd gleichaltrige Personen einvernehmlich sexuelle Handlungen vornehmen, kann ein Verfahren im Einzelfall eingestellt werden.

Wenn das Gesetz in Kraft tritt, kann auch Untersuchungshaft leichter angeordnet werden. Sie kann bei Wiederholungsgefahr (wegen gewerbs- oder bandenmäßiger Straftaten bei Kinderpornographie) verhängt werden. Schwerer sexueller Missbrauch wird in den Katalog der schweren Taten aufgenommen und unter anderem Mord gleichgestellt. Sicherungsverwahrung kann nun ebenfalls leichter als bisher ausgesprochen werden

Verurteilungen wegen besonders kinderschutzrelevanter Straftaten bleiben nun 20 Jahre im erweiterten Führungszeugnis. Sollte jemand wegen Missbrauchs zu fünf und mehr Jahren Haft verurteilt worden sein, bleibt diese Strafe lebenslang im erweiterten Führungszeugnis erwähnt. Auch die Ermittler erhalten neue Möglichkeiten. Telekommunikations-Überwachung ist schon beim so genannten einfachen sexuellen Missbrauch und in allen Fällen der Kinderpornographie möglich.

Sexpuppen, die Kinder ähneln, sind verboten

Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild tauchen neu im Gesetz auf. Wer solche Puppen verbreitet, kauft oder besitzt, macht sich strafbar. Und der Begriff des „sexuellen Missbrauchs von Kindern“, der bisher schon verwendet wird, bleibt erhalten. Darauf legte die CDU besonderen Wert.

Geplant war im Entwurf eigentlich, ihn durch den Begriff „sexuelle Gewalt“ zu ersetzen. Doch der Begriff Gewalt ist in der Rechtsprechung klar definiert. Aus Sicht der CDU bestand die Gefahr, dass Übergriffe auf Kinder mit dem Begriff „sexuelle Gewalt“ nicht mehr ohne weiteres erfasst worden wären.

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