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Politik: Am Tropf des PR-Beraters

Von Markus Feldenkirchen Auf einmal scheint alles viel klarer: Vielleicht hat sich die Opposition bei der Kritik an Rudolf Scharpings Machenschaften mit dem PR-Berater Moritz Hunzinger so zurückgehalten, weil sie selbst tief in Hunzingers Netzwerk verstrickt ist. Interne Unterlagen, die dem Magazin „Max“ vorliegen, bestätigen: CDU, CSU und FDP hingen finanziell viel stärker am Tropf des windigen „Beziehungsmaklers“ als SPD und Grüne.

Von Markus Feldenkirchen

Auf einmal scheint alles viel klarer: Vielleicht hat sich die Opposition bei der Kritik an Rudolf Scharpings Machenschaften mit dem PR-Berater Moritz Hunzinger so zurückgehalten, weil sie selbst tief in Hunzingers Netzwerk verstrickt ist. Interne Unterlagen, die dem Magazin „Max“ vorliegen, bestätigen: CDU, CSU und FDP hingen finanziell viel stärker am Tropf des windigen „Beziehungsmaklers“ als SPD und Grüne. Eine Spendenübersicht der Firma Hunzinger belegt, dass die FDP allein im Wahljahr 1998 mindestens 165 000 Mark an Spenden erhielt. Die CDU durfte immerhin 99 500 Mark verbuchen. Volker Rühe, Roland Koch, der frühere Verteidigungsminister Rupert Scholz und Ex-Kanzleramtschef Friedrich Bohl bekamen jeweils 10 000 Mark für ihren Kreisverband überwiesen. Der Wahlkreis des damaligen Finanzministers Theo Waigel (CSU) freute sich 1998 gar über 30 000 Mark.

Am stärksten, mit 70 000 Mark, bedachte Hunzinger 1998 den damaligen Außenminister Klaus Kinkel von der FDP, der als Mitglied des Bundessicherheitsrates auch Einfluss auf heikle Rüstungsdeals hätte nehmen können. In den Kreisverband von Guido Westerwelle – damals noch FDP-Generalsekretär – flossen immerhin noch 25 000 Mark. Alle Großspenden wurden von Hunzinger so gestückelt, dass er nicht ntlich in den Rechenschaftsberichten der Parteien auftauchen musste.

Auch persönlich sind etliche Unionspolitiker offenbar gute Kumpel des umstrittenen PR-Mannes Hunzinger. Mit Unionsfraktionschef Friedrich Merz ist das CDU-Mitglied Hunzinger schon seit einiger Zeit per Du. „Lieber Friedrich. Du warst glänzend!“, schrieb Hunzinger an Merz nach einem offenbar geglückten TV-Auftritt im Juni 2000. Einen Brief an den parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion, Eckart von Klaeden, begann Hunzinger mit der Anrede: „Lieber Ecki". In dem Schreiben sollte ein Treffen von Klaedens mit einem Vertreter der Firma SGL Carbon AG arrangiert werden.

Delikat ist vor allem die Kooperation Hunzingers mit der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) und deren Vorsitzenden Hermann Josef Arentz. Ein CDA-Sprecher bestätigte dem Tagesspiegel den Eingang von zwei Hunzinger-Spenden über insgesamt 55 800 Mark im Herbst 1999. Diese seien allerdings erst nach Hunzingers Wahl zum Schatzmeister der CDA im Sommer 1999 geflossen. Ein Jahr später habe Hunzinger noch einmal 30 000 Mark gespendet. Finanziell hat sich die Wahl Hunzingers also ausgezahlt. Natürlich hätten die CDU-Sozialausschüsse daran gedacht, dass sie „handlungsfähig“ bleiben müssten, sagte der Sprecher. Da sei der „erfolgreiche Wirtschaftsmann“ Hunzinger ein absoluter Wunschkandidat gewesen.

Allerdings war man sich bei der CDA offenbar nicht ganz so klar, wie man die beiden Spenden aus dem Jahr 1999 deklarieren sollte. In einer E-Mail vom 14. Juni 2000 wurde der „Liebe Moritz“ nach der „genauen Herkunft Deiner beiden Spenden im Jahre 1999“ gefragt. Die Antwort sei dringend, weil „in der kommenden Woche“ die Wirtschaftsprüfer zu Gast seien. Hunzinger antwortete prompt: „Spender war die Firma Hunzinger PR GmbH. Dein Moritz." Auf den Namen Hermann Josef Arentz stellte Hunzinger im Juni 2000 zudem noch einen Scheck über 10 000 Mark aus, den Arentz aber nicht selbst behielt, sondern an den Kölner CDU-Kreisverband weitergab, wo das Geld kurz darauf ordentlich verbucht wurde. Hunzinger wollte die Partei mit dem Geld offenbar im NRW-Landtagswahlwahlkampf unterstützen. Arentz betont jedoch, keine Honorare bekommen zu haben und nie für Hunzinger kommerziell tätig gewesen zu sein.

Dass auch Vertreter der Regierungsparteien eng mit Hunzinger oder dessen Firmen kooperierten, zeigen nicht nur die Fälle von Rudolf Scharping (SPD) und Cem Özdemir (Grüne). Dem Kanzleramtschef Hans Martin Bury (SPD) ist seine Zeit als Aufsichtsratschef der Hunzinger Information AG heute offenbar unangenehm. Er wolle sich nicht dazu äußern, die Sache sei für ihn abgeschlossen, ließ Bury auf Anfrage des Tagesspiegel mitteilen. Mit Hunzingers Marktforschungsinstitut Infas pflegen dagegen etliche Bundesministerien heute noch intensive Beziehungen. In dieser Legislaturperiode gaben gleich fünf Ministerien beim Infas-Institut, an dem Hunzinger zu 85 Prozent beteiligt ist, Studien in Auftrag: Die Ministerien für Arbeit und Soziales, für Wirtschaft, Verkehr, Familie sowie das Ministerium für Bildung und Forschung. Das Bundespresseamt erklärte dagegen, seit 1996 nicht mehr mit Infas zusammengearbeitet zu haben.

Scharping muss indes keine rechtlichen Konsequenzen wegen seiner Honorare aus dem Hause Hunzinger befürchten. Auch dem Grünen-Politiker Cem Özdemir droht wegen seiner Kreditaufnahme bei Hunzinger kein juristisches Nachspiel. Ein Bundestagssprecher gab am Dienstag Entwarnung. Bei Verstößen gegen die Verhaltensregeln für Abgeordnete drohe allenfalls eine Veröffentlichung in einer Bundestagsdrucksache.

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