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Viele Staaten sind bereits ausgezählt.

© Ariana Drehsler/AFP

Amerika während der US-Wahl: Die USA wählen – und die Nervosität steigt

Biden erringt erste Erfolge, aber die Lage bleibt unklar. Und was wird der Präsident machen? Sät er weiter Zweifel an den Briefwahlstimmen? Unser US-Newsletter.

Amerika steckt mitten im Wahlprozess, viele Staaten haben schon gewählt, in einigen wird noch ausgezählt. Natürlich begleiten wir Sie auch heute mit unseren US-Newsletter „Twenty/Twenty“. Juliane Schäuble beschreibt eine aufreibende Nacht und blickt auf das Wahltags-Happening am Weißen Haus. Zum kostenlosen Abo geht es hier.

Da ist er nun, dieser Tag, auf den wir alle so lange gewartet haben. Oder besser diese Nacht. Was wir befürchtet haben, dass es eine lange, nervenaufreibende Zitterpartie werden würde: Es ist so gekommen. Ich bewundere jeden, der cool analysieren und entspannt zuschauen kann, wie sich die amerikanische Wahlkarte nach und nach in rote und blaue Flecken aufteilt, wie Zahlen, Prozente, Prognosen sich verändern, ohne dass sich ein Gefühl der Gewissheit einstellt, in welche Richtung es wirklich geht. Bei mir hat der Grad der Nervosität inzwischen ein Ausmaß erreicht, das tatsächlich, wie es mein Kollege Malte Lehming neulich ausdrückte, an die mündliche Abiprüfung erinnert.

Und leider darf kein Glas Weißwein dabei helfen, meine Anspannung zu lindern. Während ich dies hier schreibe - noch vor Mitternacht Ostküstenzeit -, lässt sich mit Sicherheit nur sagen, dass Joe Biden es nicht geschafft hat, mit einer überwältigenden Mehrheit zu siegen. Vier Chaos-Jahre Donald Trump haben offenbar nicht dazu geführt, dass Amerika sich einig darin ist, ihn aus dem Weißen Haus zu vertreiben. Seine Anhänger sind nicht die Mehrheit, aber sie sind wild entschlossen, ihm eine zweite Amtszeit zu bescheren. Die erwartete Rekordwahlbeteiligung geht damit nicht nur auf Anti-Trump-Demokraten zurück, sondern auch auf Republikaner, die verhindern wollen, dass eine Biden-Regierung eine Kehrtwende vollzieht.

Biden hat nun ein paar Optionen weniger

Sicher ist wohl auch, dass Biden nun ein paar Optionen weniger zur Verfügung hat, diese Wahl für sich zu entscheiden. Florida und Texas gehören allem Anschein nach nicht mehr dazu, aber so sehr sich das viele erträumten: Das wäre eher die Kür und nicht die Pflicht für den Demokraten gewesen. Also richten sich alle Blicke auf den Rust Belt und da, wie befürchtet, ganz besonders gespannt auf Pennsylvania. Dieser Swing State wird uns in den kommenden Tagen wohl noch Kopfschmerzen bereiten, denn mit einem Ergebnis wird hier erstmal nicht gerechnet.

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Ein erster Lichtblick für Biden kam gerade: Laut Fox News hat er tatsächlich die lang erwartete „blaue Wende“ im eigentlich konservativen Arizona möglich gemacht. Vor ein paar Wochen war ich vor Ort, meine Reportage finden Sie hier. Allerdings hat die Republikanische Partei gerade schon mal Einspruch gegen die Fox-News-Entscheidung erhoben. Es bleibt dabei: Diese Nacht ist noch lange nicht vorbei. Meine Kollegen in Berlin, Anna Sauerbrey in Philadelphia und ich hier in DC werden alles tun, um den Auszählungskrimi akkurat wiederzugeben – und analysieren, was er bedeutet. Den aktuellen Stand können Sie hier in unserem Live Blog verfolgen.

Hier finden Sie unsere aktuelle Wahlberichterstattung

Eine Befürchtung ist indes bisher noch nicht eingetreten: Es ist in dieser Nacht bisher weitgehend ruhig geblieben. In der Nähe des Weißen Hauses haben sich schon den ganzen Tag über zahlreiche Menschen versammelt, aber die Stimmung auf der inzwischen „Black Lives Matter Plaza“ genannten Fläche vor dem abgesperrten Lafayette Park erinnerte bei blauem Himmel und spätsommerlichen Temperaturen eher an ein Happening: Frauen tanzten, selbsternannte Prediger mahnten, Jesus zu folgen, andere protestierten friedlich gegen den Präsidenten. Gegen Abend wurden zwar auch die ersten für Auseinandersetzungen gerüsteten Demonstranten gesichtet, aber bislang kam es zu keinen größeren Zwischenfällen. Ich hoffe sehr, dass es so bleibt. Aber auch da bin ich mir nicht sicher.

Unklar ist auch, was der Präsident im Weißen Haus noch anstellen wird in dieser Nacht. Wird er sich in einer Rede an die Nation melden, obwohl das Rennen noch in die eine oder andere Richtung gehen kann? Wird er wieder Zweifel an den Briefwahlstimmen schüren, von denen viele erst noch ausgezählt werden? Wahlen sollen das Hochamt der Demokratie sein. In dieser endlosen Nacht erinnert aber alles gerade an Folter. Gesegnet sind heute nur die, die geduldig abwarten können. Ich hoffe, Sie zählen dazu.

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