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Politik: Amerikas Reaktion: Vergeltung verboten

Nur soviel ist bislang gewiss, die USA werden mit militärischen Mitteln zurückschlagen. US-Präsident George W.

Nur soviel ist bislang gewiss, die USA werden mit militärischen Mitteln zurückschlagen. US-Präsident George W. Bush hat dafür mittlerweile auch Worte gefunden: Krieg und Vergeltung. Die Bundesregierung hat ihre Unterstützung angekündigt.

In einem Krieg kapituliert zuerst meist das Recht. Daran ändern auch die Abkommen und Gesetze nichts, die eigens für ihn erlassen worden sind. Im Krieg von Bush wird das nicht anders sein. Denn das internationale Recht benutzt für die verheerenden Anschläge und die Konfrontation danach ganz andere Worte als Bush: Angriff und Verteidigung. Entsprechend setzt es auch andere Grenzen, als der US-Präsident sie vermutlich setzen wird.

Zum Thema Online Spezial: Terror gegen Amerika Umfrage: Haben Sie Angst vor den Folgen des Attentats? Fotos: Die Ereignisse seit dem 11. September in Bildern Chronologie: Die Anschlagserie gegen die USA Osama bin Laden: Amerikas Staatsfeind Nummer 1 gilt als der Hauptverdächtige Um einen Krieg handelte es sich bei den Attacken auf New York und das Pentagon nicht, zumindest nicht nach den Maßstäben des Völkerrechts und hier zumindest so lange nicht, wie für die Anschläge kein anderer Staat verantwortlich zu machen ist. Krieg herrscht erst, wenn das Land, in dem die Amerikaner terroristische Stützpunkte bombardieren, seinerseits zurückschlägt. Dass jedoch das Wort "Krieg" ohnehin viel zu starr ist, um internationaler Gewalt zu begegnen, hat man schon bei der Unterzeichnung des Nato-Vertrages und der Charta der Vereinten Nationen gesehen. Deshalb wird es dort vermieden. Stattdessen heißt es "bewaffneter Angriff".

Die Erklärung der Nato vom 12. September hat diesen Punkt juristisch weitgehend erledigt. Zwar knüpft sie die Feststellung, ein bewaffneter Angriff liege vor und der Bündnisfall sei eingetreten, an den Vorbehalt, der Angriff müsse von außerhalb der USA gesteuert worden sein. Aber die Nato hat die Terroranschläge mit dieser Formulierung bereits als Angriffe im Sinne des Völkerrechts anerkannt.

Die UN-Charta gibt der betroffenen Nation in diesem Fall in Artikel 51 das Recht, sich zu verteidigen. Dafür darf man auch andere zu Hilfe rufen. Ein paar Etagen tiefer, im deutschen Strafgesetzbuch, heißen diese Prinzipien Notwehr und Nothilfe. Wer Gewalt anwendet, um sich selbst oder einen anderen vor Gewalt zu schützen, kann nicht rechtswidrig handeln.

Von Vergeltung ist dagegen nicht die Rede. Vergeltung ist nach Artikel 2 der UN-Charta verboten. Auch die Selbstverteidigung hat Grenzen. Denn gegen die Terror-Piloten von New York und Washington kann man sich nicht mehr verteidigen. Es müssen also weitere Anschläge bevorstehen. Bush kann sich bis zu einem Beschluss des UN-Sicherheitsrats nur auf diese "präventive Selbstverteidigung" berufen. Doch die ist unter Völkerrechtlern umstritten - und zwar aus genau dem Grund, der jetzt bei der Reaktion der USA deutlich wird. Denn wer beurteilt, ob ein Angriff bevorsteht? Und nach welchen Kriterien? Viele Experten meinen, solche Präventivschläge seien verboten, weil sie dem Missbrauch des Selbstverteidigungsrechts durch eine Nation Tür und Tor öffneten. Die Bundesrepublik muss nun damit leben, dass sie helfen möchte, die USA ihre Bedrohung aber alleine einschätzen. Fest steht nur: Hilfe für einen Vergeltungsschlag, für Rache - und sei es nur logistische Unterstützung - wäre nach heutigem Stand völkerrechtswidrig.

Das allerdings ist ein großes Wort mit kleinen Folgen. Anders als im innerstaatlichen Recht gibt es im Völkerrecht keine Gerichte, die vollstreckungsfähige Urteile sprechen. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag, "richterliches Hauptorgan" der UN, kann nur feststellen, was Recht ist. Durchsetzen kann er es nicht. Früher gab es unter Juristen deshalb sogar die Ansicht, Völkerrecht sei eigentlich kein Recht.

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