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Trump soll's richten. Vor allem Siedler und nationalistisch gesinnte Israelis hoffen auf die bedingungslose Solidarität der USA.

© Jim Hollaender/picture alliance / dpa

Amerikas Verhältnis zum Iran und Israel: Konfrontative Zeiten im Nahen Osten

Für Israel, gegen Iran: Diese Richtung scheint Donald Trumps Nahostpolitik zu nehmen. Doch auch in der Unruhe-Region gilt vor allem: America First. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Böhme

Es ist toll, Freunde zu haben. Gerade in schweren Zeiten. Wenn gefühlt die ganze Welt mal wieder herumnörgelt, alles besser zu wissen glaubt und Stress macht. Dann ist es schön, jemanden an seiner Seite zu wissen. Einen, der tröstet und im Zweifelsfall sogar aus der Patsche hilft. Sofern auf ihn Verlass ist. Denn es gibt auch Freunde, die wankelmütig sind. Also zunächst vieles gutheißen und im nächsten Moment davon nichts mehr wissen wollen. Benjamin Netanjahu macht gerade diese unangenehme Erfahrung – mit Donald Trump.

Bleierne Jahre mit Obama

Als der Republikaner sein Amt als US-Präsident antrat, stand für Israels konservativen Ministerpräsidenten fest: Die bleiernen Jahre, in denen er sich mit Barack Obama herumplagen musste, gehörten endlich der Vergangenheit an. Keiner mehr, der als mächtigster Verbündeter ständig missmutig irgendwelche Forderungen stellte. Kein Weichei mehr, der vollmundige Ankündigungen machte, ohne ihnen dann Taten folgen zu lassen. Stattdessen nun einer, der versprach, sich nicht groß einzumischen und Israel gewähren zu lassen.

Doch inzwischen weiß auch Netanjahu, dass sein Kumpel in Washington vor allem sprunghaft und damit unberechenbar ist. Unter Freundschaft versteht Trump immer „America First“. Und wenn sich etwas bewegen soll, dann von seinen Gnaden. Auch im Nahen Osten. Das wird der israelische Premier wohl zu hören bekommen, wenn er am Mittwoch zu Gast im Weißen Haus ist.

Freudentaumel der Siedler

Am Siedlungsbau lässt sich am deutlichsten ablesen, dass Trump gibt, aber eben auch nimmt. Und dass er bestimmen will, wo es langgeht. Bei den jüdischen Wohnungen im besetzten Westjordanland hatten Vertreter der Trump-Administration zwar mehrfach bekundet, diese seien kein Hindernis auf dem Weg zum Frieden. Das empfanden Netanjahu und viele Siedler als eine Art Freibrief. Im Freudentaumel wurde umgehend der Bau von 6000 Wohnungen angekündigt. Sollen die anderen ruhig maulen. Wir können uns schließlich auf Washington wieder verlassen.

In vielem auf einer Linie, aber nicht in allen Fragen: Donald Trump und Benjamin Netanjahu (Archivbild) treffen sich am Mittwoch in Washington.
In vielem auf einer Linie, aber nicht in allen Fragen: Donald Trump und Benjamin Netanjahu (Archivbild) treffen sich am Mittwoch in Washington.

© Reuters

Doch Trump reagierte auf den Übermut mit Missmut. Der Bau neuer Häuser für Siedler sei „vermutlich nicht hilfreich“, ließ das Weiße Haus wissen. Für die Hardliner in Jerusalem war das ein empfindlicher Dämpfer, der eine klare Botschaft beinhaltete. „America First“ bedeutet: Sogar die Solidarität mit Israel kennt Grenzen.

Denn Trump hat großes im Sinn. Er will den Nahostkonflikt lösen. Das wäre für ihn nach eigenem Bekunden der „ultimative Deal“. Der kann allerdings - wenn überhaupt - nur gelingen, wenn die arabischen Verbündeten wie Saudi-Arabien, Jordanien oder Ägypten nicht gänzlich verprellt werden. Eine bedingungslose Verbundenheit mit dem jüdischen Staat kann es unter diesen Prämissen nicht geben.

Dabei kommt nicht zuletzt die neue Ausrichtung der US-Politik in der Krisenregion zum Tragen. Denn wenig ist derzeit so klar, wie der Wunsch Washingtons, den Iran in die Schranken zu weisen. Das ist eine offenkundige Kehrtwende. Barack Obama setzte auf Aussöhnung mit dem schiitischen Gottesstaat und stieß so die traditionellen sunnitischen Partner in der Region vor den Kopf.

Verbale Aufrüstung

Davon will Trump nichts mehr wissen. Er hat verbal aufgerüstet und setzt auf Verbündete aus alten Zeiten wie den Autokraten in Ankara, die Königsfamilie in Riad oder den Feldmarschall-Präsidenten in Kairo. Erdogan, Salman und al Sisi – sie sollen Teil der Anti-Teheran-Front werden. Am besten mit Israel als Verstärkung.

Das wiederum kommt Netanjahu entgegen. Denn nichts treibt den Premier – und viele Israelis – mehr um, als der Iran. Überraschen sollte das niemanden. Denn die Führung in Teheran lässt keine Gelegenheit aus, dem jüdischen Staat mit dem Untergang zu drohen. Ganz abgesehen davon, dass der Iran nach wie vor als Unruhestifter (Syrien, Irak, Libanon) und staatlicher Terrorfinanzier in Erscheinung tritt.

Neue Sanktionen?

Nun scheint es, dass Israel als Chefankläger in Trump einen Mächtigen gefunden hat, der die Sorgen ernst nimmt. Netanjahu wird daher bei seinem USA-Besuch auf weitere Sanktionen gegen den Iran drängen. Und vermutlich Gehör finden. Für das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten und Iran verheißt dies nichts Gutes. Dem notorisch unruhigen Nahen Osten stehen konfrontative Zeiten bevor.

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