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Ein Mädchen fotografiert eine Installation im Foltermuseum in Peru. Das "Aufhängen in schmerzhaften Positionen" gehört laut Amnesty International zu den häufigen Foltermethoden.

© AFP

Amnesty International: Immer mehr Staaten weltweit rechtfertigen Folter

Amnesty International benennt 141 Staaten, die - zum Teil immer brutaler - Menschen misshandeln. In Nordkorea, Syrien oder Mexiko gehört Folter zur Tagesordnung - doch auch Deutschland taucht in dem Bericht auf.

In über der Hälfte der Länder der Welt wird gefoltert. Das geht aus dem am Dienstag vorgestellten Folterbericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International vor. So gebe es auch 30 Jahre nach Ächtung der Folter durch die Vereinten Nationen aus insgesamt 141 Staaten glaubwürdige Informationen über grausame Misshandlungen. In Ländern wie Nordkorea, Syrien oder Mexiko gehören Folterungen systematisch zur Tagesordnung. Aber auch die Vereinigten Staaten und die Länder der EU sind in der Kritik. Auch die Foltermethoden selbst werden immer brutaler.

Der Generalsekretär von Amnesty International, Salil Shetty, kritisierte eine "Doppelmoral" vieler Länder: Per Gesetz werde die Folter verboten und in der Praxis erleichtert. Immer mehr Staaten versuchten inzwischen, Folter mit den Interessen der nationalen Sicherheit zu rechtfertigen. Dabei wirft Amnesty den USA vor, mit den Methoden ihres „Kriegs gegen den Terror“ ein schlechtes Vorbild geliefert zu haben. Und fast alle EU-Länder haben sich, so der Bericht, "sehr schnell den US-geführten Anti-Terror-Operationen angeschlossen und wurden so zu Mittätern bei zahlreichen Verstößen gegen das Folterverbot." Diese Länder hätten es zudem versäumt, wirksame Untersuchungen zu ihrer mutmaßlichen Beteiligung an diesen Folterungen einzuleiten. Vor allem osteuropäische Länder würden zudem selbst noch Folter gegen Oppositionelle einsetzen.

Wasserfolter, Elektroschocks und Scheinhinrichtungen werden angewandt

Untersucht wurden glaubwürdige Berichte aus den vergangenen fünf Jahren. Unter den 141 Staaten, aus denen Berichte vorliegen, gebe es zwar Länder, bei denen es sich um Einzelfälle handelt, "aber in erschreckend vielen Ländern ist Folter alltäglich", sagt Selmin Caliskan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. "Das Bekenntnis zum internationalen Folterverbot ist nichts wert, solange viele Staaten Misshandlungsvorwürfen nicht nachgehen, Gerichte erpresste Geständnisse verwerten und Folter straffrei bleibt.“ Der Bericht zählt 27 Folterarten auf, die sich von Region zu Region unterscheiden. Darunter sind Elektroschocks gegen die Genitalien, Schlafentzug, Schläge, Vergewaltigungen, das Aufhängen an Händen und Füßen, Verbrennungen, Wasserfolter, Sauerstoffentzug, Scheinhinrichtungen und das erzwungene Verharren in schmerzhaften Positionen.

Weltweit häufigste Form der Folter und Misshandlung ist dem Bericht zufolge das Verprügeln. Weit verbreitet sind auch Stromstöße und Isolationshaft. In vielen Ländern werden die Opfer in unnatürliche Körperhaltungen gezwungen, die schnell große Schmerzen bereiten. Auf den Philippinen wurde sogar ein drehbares „Glücksrad“ mit verschiedenen Folterpraktiken entdeckt, mit dem Polizisten darüber entscheiden ließen, wie sie ihre Opfer quälten.

Deutschland wird für Polizeimisshandlungen kritisiert

Die Philippinen gehören zu den fünf Schwerpunktländern, die der Bericht hervorhebt. Auch in Mexiko, Marokko, Nigeria und Usbekistan werden perfide Foltermethoden durch Polizei und Militär angeprangert.

Aus Deutschland gab es nach Amnesty-Angaben in den vergangenen fünf Jahren keine Berichte über Folter, jedoch mehrfach über Misshandlungen durch die Polizei. Generell bemängelt der Bericht, dass in einigen EU-Ländern "korrupte und unterbezahlte Polizeikräfte" in erzwungenen Geständnissen den einfachsten Weg sehen, "um die von ihnen erwartete Überführung eines Täters zu erreichen". Gelobt wurde indes die Türkei, die in den vergangenen Jahren wirksame Maßnahmen gegen Korruption und Folter in Gefängnissen eingeleitet habe.

Insgesamt haben 155 Länder die Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen ratifiziert. Amnesty zufolge wird jedoch auch in „mindestens 79“ dieser Länder gefoltert.

(mit dpa, Reuters)

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