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Eine Jung-Sozialistin aus Hamburg wirft ihren Juso-Genossen "systematisches Mobbing" vor.

© dapd

Anfeindungen beim SPD-Nachwuchs: Jungsozialistin wirft Jusos "systematisches Mobbing" vor

Am Wochenende haben sich die Nachwuchs-Sozialdemokraten in Magdeburg getroffen. Mit Peer Steinbrück, dem designierten SPD-Kanzlerkandidaten, gingen sie dabei flauschig um, aber gegenüber eigenen Jung-Genossen sind sie weniger zimperlich. Jetzt hat eine Hamburgerin die Nase voll.

Strömungskämpfe gehören zur SPD ungefähr so dazu wie das Absingen von Arbeiterkampfliedern am Ende eines Parteitags. Besonders verschärft werden diese bei den Jusos, der Nachwuchs-Organisation der SPD, ausgetragen. Sie sehen sich zwar mehrheitlich als links, aber es gibt Landesverbände, die anders ticken, die Baden-Württemberger und die Hamburger beispielsweise. Und die haben beim Rest keinen leichten Stand. Jetzt aber hat eine Hamburger Jung-Genossin die Nase voll - und wirft den Jusos "systematisches Mobbing" vor.

Jasmina Banaszczuk ist 27 Jahre jung, Hamburgerin und seit einem Jahr aktive Jungsozialistin. In ihrem Blog beschreibt sie ihre Erlebnisse auf dem Bundeskongress der Jusos am vergangenen Wochenende. "Mir war klar, es gibt Vorurteile", leitet sie ein. Auch wisse sie, dass es Flügelkämpfe gäbe. Aber das war ihr dann doch zu viel. Mina, wie sie auf Twitter heißt, beschreibt, wie sie erst feststellen musste, dass die Hamburger Delegation ganz hinten im Saal sitzen musste, was sie aber noch nicht weiter verwunderte. Dann wurden auch die Hamburger Anträge beraten und - meistens abgelehnt. "Das Präsidium verkündete immer wieder, dass unsere Anträge nicht nur abgelehnt, sondern mit “großer” “überwältigender” “großer großer” Mehrheit abgelehnt wurden. Der Saal fand das lustig. Ich nicht. Ich empfand es als demütigend", schreibt sie. Anschließend berichtet sie vom nächsten "Höhepunkt". In der Debatte um ein Deutschlandfest, was der SPD-Parteivorstand im kommenden Jahr austragen will, wird ein Redner der Hamburger Delegation als "Faschist" und "Arschloch" tituliert, weil er die Kritik vieler anderer Jusos, die die Veranstaltung für nationalistisch halten, nicht teilt. "'Faschist' und 'Arschloch' waren wohl die schlimmsten Rufe. Wenn 300 Menschen im Raum dir und deiner Delegation fast gesammelt Hass entgegen brüllen und dich als Faschistin und Nationalistin bezeichnen, obwohl du, genauso wie sie, in der SPD bist und von Herzen aus gegen jegliche nationalistische Scheiße bist, dann ist das echt krass", berichtet Banaszczuk.

Ein Zettel mit der Aufschrift "Stirb" lag auf ihrem Platz

Am nächsten Tag ging es weiter und wieder berichtet die Jung-Sozialistin von persönlichen Beleidigungen. Schilder lagen auf ihren Tischen. "Auf meinem stand “Stirb!”. Auf den bei anderen von uns weitere Beschimpfungen. Wir haben das dem Präsidium gemeldet, die dann zwischen zwei Änderungsanträgen halbherzig darum baten, keine Beleidigungen zu verbreiten. Viele haben das nicht mal mitbekommen. So kann man das natürlich auch handeln. Ich muss sagen, ich war echt getroffen. Was hatte ich den Leuten getan?", fragt sie. Auch beim Essen sei man ignoriert worden, sobald die Leute erkannt hätten, dass man zur Hamburger Delegation gehöre. "So unakzeptiert, ausgeschlossen, unwillkommen hab ich mich noch nie gefühlt." Und weiter: "So systematisch gemobbt wurde ich vorher nie. So ein Verhalten ist der SPD unwürdig." Mina geht davon aus, dass man zur abgehärtete Jusos zu einer solchen Veranstaltung schicken könne. "Das ist doch klar, dass man dann zu nem Buko fast nur Leute schicken kann, die abgehärtet sind, und sich Dinge nicht zu Herzen nehmen. Das widert mich echt an, vor allem, für einen selbstbetitelten feministischen Richtungsverband. Dass ich nicht lache! Nix von dem Verhalten am Wochenende war feministisch. Nie hatte ich das Gefühl, unter Gleichen gleichberechtigt zu sein. Nicht einmal."

Im Gespräch mit dem Tagesspiegel erklärt Banaszczuk, dass in den vergangenen Jahren von beiden Seiten viel verbrannte Erde hinterlassen worden sei. "Mir macht die Arbeit bei den Jusos sehr viel Spaß und ich habe auch viele nette Menschen kennengelernt und es ist auch okay, inhaltlich zu streiten, das ist notwendig, aber wie groß die Vorurteile sind hat mich doch überrascht." Die inhaltlichen Debatten seien auch nicht das Problem, "aber der zwischenmenschliche Umgang wunder mich schon", sagte sie. Sie hofft, dass sich bei den Jusos etwas ändert und wieder ein "Klima der Akzeptanz und des Respekts" einziehe. Juso-Chef Sascha Vogt kündigte an, das Gespräch mit der Hamburgerin suchen zu wollen. Und sagte dem Tagesspiegel: „Zettel mit ’Stirb’ zu schreiben, geht gar nicht. Wir müssen bei allem notwendigen inhaltlichem Streit einen vernünftigen Umgang miteinander finden.“ Er forderte alle auf, die vorhanden Strukturen zu nutzen, um auch zwischen den Bundeskongressen miteinander zu reden und sich intensiv zu beteiligen.

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